Insgesamt rechnet Minister Faßmann mit 1.000 bis 1.2000 Vorschriften, bei denen man "mit ruhigem Gewissen sagen kann: Das braucht man nicht mehr."

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Wien – Der verpflichtende Start der neuen Oberstufe (Nost) wird erneut verschoben. Erst ab dem Schuljahr 2021/22 sollen die AHS, die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) sowie die land- und forstwirtschaftlichen Schulen auf das neue System umstellen müssen, hat der Ministerrat am Dienstag beschlossen.

Mit 2017/18 sollten ursprünglich alle mindestens dreijährigen Oberstufenformen ab der 10. Schulstufe (6. Klasse AHS bzw. zweiter Jahrgang oder zweite Klasse an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. land- und forstwirtschaftlichen Schulen) auf die Nst umsteigen. Dabei wird der Lernstoff in je ein Semester umfassende Module unterteilt. Bei einer negativen Note in einem Fach muss dann nicht die ganze Klasse wiederholt, sondern nur das jeweilige Modul positiv abgeschlossen werden.

Bis zur Matura müssen aber alle Nicht genügend ausgebessert sein. Nach Kritik von Lehrern, Eltern und Schülern wurde aber den Schulen vor dem heurigen Schuljahr die Möglichkeit gegeben, den Start um bis zu zwei Jahre zu verschieben. Nun darf um zwei weitere Jahre verschoben werden. Als Begründung führte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) Erfahrungsberichte von jenen Standorten an, an denen die Nost bereits getestet wird. Die Einführung mache sowohl inhaltlich als auch organisatorisch eine umfangreichere Vorbereitung erforderlich.

Mehr Probleme als gedacht

"Die Neue Oberstufe hat mehr Probleme mit sich gebracht, als sich der letzte Gesetzgeber gedacht hatte. Wir werden die Zeit der Verlängerung für zusätzliche Evaluation nützen, um die Lehrer und Schüler auf das neue Konzept besser vorzubereiten", so Faßmann. Eine entsprechende Gesetzesnovelle soll bis Ende März umgesetzt werden.

Insgesamt startete die Neue Oberstufe heuer nur an 26 der 345 AHS- und an 185 der 365 BMHS-Standorte. Lob für die erneute Verschiebung kam von der AHS-Lehrergewerkschaft: "Es tut gut zu sehen, dass am Minoritenplatz (Sitz des Bildungsministeriums, Anm.) endlich auf die Expertise der Betroffenen gehört wird und nicht nur auf die Meinung selbsternannter Experten", hieß es in einer Aussendung.

Regierung will Schulverwaltung entrümpeln

Die Regierung will außerdem die Bürokratie in der Schulverwaltung abbauen. In einem ersten Schritt sollen 57 Rundschreiben und Erlässe gestrichen werden, die nicht mehr notwendig seien, gab Faßmann am Dienstag bekannt.

Insgesamt rechnet der Bildungsminister mit 1.000 bis 1.200 Vorschriften, bei denen man "mit ruhigem Gewissen sagen kann: Das braucht man nicht mehr." Unter den 57 Vorschriften, die gleich bereinigt werden sollen, sei etwa ein Erlass zum richtigen Aufstellen eines Trampolins im Turnsaal. Damit setze man einen Schritt Richtung Entbürokratisierung und für ein schlankeres System.

Zuletzt hatte der Wiener Stadtschulrat eine ähnliche Initiative begonnen. Seit Herbst wurden 1.000 von insgesamt rund 2.000 Erlässen gestrichen. "Es ist gut, dass man nicht mehr so eine Befehlsausgabe macht", sagte Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer (SPÖ). "Man kann das alles zurücknehmen – es muss aber abgelöst werden durch einen Dialog und eine andere Art der Kommunikation mit Lehrern. Nur wegnehmen und zu erwarten, es funktioniert trotzdem, ist zu wenig."

Deutschklassen: Faßmann kündigt rasches Konzept an

Faßmann stellte am Dienstagvormittag auch ein rasches Konzept zu den im Regierungsprogramm angekündigten Deutschklassen für Kinder mit mangelnden Sprachkenntnissen in Aussicht. Derzeit werde dieses in seinem Haus erarbeitet. Es handle sich um "keine triviale Angelegenheit" und außerdem um eine Kostenfrage.

Der Minister hatte zuletzt mit Aussagen für Verwirrung gesorgt, wonach Kinder mehrere Stunden pro Tag in einem Kursprogramm unterrichtet werden und dann in der restlichen Unterrichtszeit am normalen Klassenleben teilnehmen sollen. Im Regierungsprogramm steht dagegen, dass alle Neueinsteiger ins Regelschulwesen eine Sprachstandserhebung absolvieren – wer nicht ausreichend Deutsch beherrscht, müsse eine "Deutschklasse" absolvieren.

Angesprochen auf den Widerspruch verwies Faßmann darauf, dass es bei seinem Konzept keine Diskrepanz geben werde. Es gelte das, was im Regierungsprogramm stehe. Schon derzeit werden Kinder ohne ausreichende Kenntnis der Unterrichtssprache vor dem Eintritt in den Regelunterricht unter anderem in "Sprachstartgruppen" unterrichtet. Dabei lernen sie im Ausmaß von elf Wochenstunden anstelle der Pflichtgegenstände Deutsch.

Faßmann stellte zuletzt etwa drei Stunden pro Tag für die Deutschförderung in den Raum – das wäre also eine leichte Ausweitung gegenüber dem derzeitigen Stand. In der Volksschule würden die Kinder damit den Großteil des meist vier- bis fünfstündigen Schultags im Deutschkurs verbringen und etwa für Musik, Turnen oder Zeichnen/Werken in den Klassenverband zurückkehren. (APA, 16.1.2018)