Oscar Pérez auf einem Video vom Sommer. Das frühere Mitglied einer Elitetruppe rief mehrfach zum Sturz der Regierung auf.

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Er hatte sich seit Monaten versteckt gehalten.

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Präsident Nicolás Maduro ist auch in Sorge, weil er sich laut Verfassung bald einer neuen Wahl stellen muss.

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Caracas/Wien – In einer dramatischen Operation hat das Militär in Venezuela eine Gruppe Aufständischer angegriffen, die zur Rebellion gegen den linksgerichteten Präsidenten Nicolás Maduro aufgerufen hatte. Wie die Regierung am Montag mitteilte, wurden mehrere Menschen getötet und mehrere weiter verletzt. Unter den Getöteten ist auch der Hubschrauberpilot und ehemalige Polizist Oscar Peréz, wie Innenminister Nestor Reverol mitteilte. Ihm galt der Einsatz. Wie die Regierung mitteilte, soll er auf die Polizei geschossen haben. Videos, die Pérez vor seinem mutmaßlichen Tod ins Internet stellte, zeigen ihn mit blutverschmiertem Gesicht. In dem Social-Media-Clip sagt er, er wolle mit den Sicherheitskräften verhandeln, glaube aber, dass diese ihn töten wollen.

Seit Montagfrüh war die Siedlung El Junquito westlich von Caracas umstellt, um – so die offiziellen Angaben – dort Pérez und seine Mitstreiter festzunehmen. Dabei kam es zu heftigen Feuergefechten, beide Seiten waren schwer bewaffnet. Unter den Toten vom Montag seien auch zwei Polizisten, teilte das Innenministerium mit. "Diese Terrorzelle" sei ausgeschaltet und fünf ihrer Mitglieder festgenommen worden, hieß es. Wer genau an der Erstürmung der Siedlung beteiligt war, war allerdings noch unklar. Wie es heißt, soll auch die paramilitärische Gruppe "Tres Raíces" beteiligt gewesen sein, die die Maduros Regierung unterstützt. Auch unter ihnen soll es Tote gegeben haben.

Spektakulärer Hubschrauberdiebstahl

Pérez wird von den regierenden Sozialisten als "Terrorist" bezeichnet. Der Pilot einer Elitepolizeieinheit hatte Ende Juni 2017 einen Hubschrauber des Innenministeriums gekapert und Granaten auf den Obersten Gerichtshof abgefeuert. Verletzte gab es dabei nicht; Maduro und weitere Vertreter seiner Regierung sprachen dennoch von einem Putschversuch. Die Opposition hingegen ortete eine inszenierte Aktion der Regierung, mit der diese die Niederschlagung von Protesten habe rechtfertigen wollen. Später warf die Regierung der Gruppe um Pérez vor, Ende Dezember Waffen aus einem Militärlager gestohlen zu haben.

Oscar Pérez in einer Instagram-Botschaft an seine Anhänger wenige Stunden vor den Kämpfen. Auf späteren Videos ist sein Gesicht blutverschmiert.

Pérez selbst hat sich mehrfach als Anführer zur Befreiung des Landes vom Sozialismus bezeichnet und auf seinen Kanälen in sozialen Netzwerken immer wieder die Armee und die Sicherheitskräfte dazu aufgerufen, seinem Beispiel zu folgen und sich gegen die Regierung zu wenden. Die Rebellengruppe, die sich um ihn herum gesammelt hatte, war aber wohl eher klein. In seinem letzten Video vom Montagabend fordert er die Venezolanerinnen und Venezolaner auf, die Hoffnung auf einen Umsturz nicht zu verlieren.

Land knapp vor dem Kollaps

Das von einer weit links stehenden Regierung geführte Venezuela steckt seit Jahren in einer tiefen Krise. Misswirtschaft und gesunkene Öleinnahmen haben das Land mit den weltweit größten Ölreserven mehrfach knapp vor den wirtschaftlichen Kollaps geführt, wo es auch gegenwärtig wieder steht. Es gibt dort derzeit die höchste Inflation der Welt, die Bürger bekommen in den Supermärkten kaum noch Lebensmittel. Zuletzt nahmen landesweit Plünderungen zu.

Maduros Regierung hat auf Proteste der Opposition immer wieder mit harten Maßnahmen reagiert, zuletzt im Sommer. Damals hatten die Demonstranten gegen die Ausschaltung des Parlaments protestiert, das die Regierung de facto durch eine Verfassungsversammlung ersetzt hatte. Die Mitglieder des gewählten Parlaments stammten großteils aus den Reihen der Opposition, während die ernannten Mitglieder der Verfassungsversammlung mehrheitlich Parteigänger der Regierung sind. Regionalwahlen Ende des vergangenen Jahres gewannen dann ebenfalls die Sozialisten. Allerdings war von Fälschungsvorwürfen die Rede.

Suche nach Maduro-Gegner

Maduro steht auch deshalb besonders unter Druck, weil laut Verfassung im Laufe dieses Jahres Präsidentenwahlen stattfinden sollen. Zwar hat die Regierung zahlreiche Politiker der Opposition festnehmen lassen oder ins Exil gedrängt und die Oppositionsgruppen durch geschickte Manöver gespalten, dennoch gilt der Präsident wegen der sich auswachsenden Krise als unbeliebt.

Seine Gegner wollen nun den Chef des Nahrungsmittelkonzerns Polar, Lorenzo Mendoza, zu einer Kandidatur überreden. Er gilt als gemäßigter Politiker, hat bisher aber selbst keine Entscheidung über ein Antreten verkündet. Ein Wahltermin steht noch nicht fest. Es wird damit gerechnet, dass die Regierung versuchen könnte, das Votum möglichst spät stattfinden zu lassen. (Manuel Escher, Reuters, 16.1.2018)