Wien/München – Wovor die Medien- und Werbewirtschaft seit Monaten warnt, hat nun der deutsche Mediaagenturverband OMG für Deutschland ausgerechnet: Die geplante E-Privacy-Verordnung auf EU-Ebene würde zu massiven Einbrüchen bei der Onlinewerbung führen. Von einem Minus von bis zu 30 Prozent für die Digitalwerbung deutscher Medien ist die Rede, während die US-Onlineriesen Google und Facebook profitieren würden.

Bei der E-Privacy-Verordnung geht es um Datenschutz. Sie soll im Mai 2018 EU-weit in Kraft treten und die Nutzung sogenannter Cookies und Tracking-Instrumente weitreichend einschränken, was das Ausspielen personalisierter Werbung an User verunmögliche, kritisieren Branchenvertreter. Der STANDARD berichtete kürzlich von einer deutschen Studie, die Umsatzrückgänge in der Höhe von 70 Prozent prognostizierte.

Google und Facebook als Profiteure

Der deutsche Mediaagenturenverband hat jetzt anhand von vier Werbekunden und deren Mediaausgaben Simulationsrechnungen für ein Szenario nach der geplanten E-Privacy-Verordnung angestellt, schreibt der deutsche Branchendienst "W&V" über die Studie. Das Ergebnis: "So würden ein großer Finanzdienstleister und ein Modehersteller ihr Online-Budget um jeweils 43 Prozent reduzieren. Ein Autobauer würde 38 Prozent einsparen, ein E-Commerce-Anbieter 22 Prozent. Fast alle Unternehmen würden ihre Ausgaben bei Google und Facebook dagegen deutlich erhöhen."

Der Verband begrüße zwar "grundsätzlich eine EU-übergreifende Regulierung, um dem Missbrauch privater Daten vorzubeugen", so Geschäftsführer und Sprecher Klaus-Peter Schulz zu "W&V", aber: Der "gute Wille eines Verbraucherschutzes" schieße weit über das Ziel hinaus.

Werbung nach dem Gießkannenprinzip

Die Mediaagenturen monieren, dass durch das "weitgehende Ausschalten von Cookies weder die Messung von Leistungswerten und Reichweiten möglich seien, ebenso wenig wie zielgerichtete Werbung und Targeting". User würden nicht personalisierte Werbung, sondern eine nach dem Gießkannenprinzip serviert bekommen, was Werbung wiederum entwerte.

Österreich: Regierung will Mediendienste schützen

Die E-Privacy-Verordnung ist noch Gegenstand von Verhandlungen mit dem EU-Rat. In Österreich hat die neue Regierung angekündigt, für Mediendienste eine "E-Privacy-Ausnahmeregelung von der europäischen Datenschutzgrundverordnung anzustreben, "um keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber US-Onlineunternehmen zu schaffen". Wie die Ausnahmeregelung aussehen soll, ist noch unklar.

Einverständnis der User erforderlich

In der von Experten kritisierten Fassung müssten Nutzer ausdrücklich ihr Einverständnis geben, sobald ihre Spuren mit Cookies erfasst werden. Laut dem Vorschlag der EU-Kommission sollen User etwa schon in den Browsereinstellungen ihre Zustimmung verweigern können. Branchenorganisationen wie die Mediaagenturen fordern, dass Nutzer auch künftig die Möglichkeit haben müssen, auf einzelnen Webseiten mit einem Klick entscheiden zu können, welche Cookies sie akzeptieren wollen und welche nicht. (red, 16.1.2018)