Selbstverständlich muss die SPÖ aus Eigeninteresse alle Anstrengungen unternehmen, um die Arbeiter von der FPÖ wieder zu sich zurückzuholen. Unter Arbeitern und Arbeiterinnen lag die FPÖ bei den NR-Wahlen im Oktober 2017 mit 59 Prozent kilometerweit vorn (SPÖ: 19 Prozent, ÖVP: 15 Prozent – Sora-Wahlanalyse).

Das ist in Wahrheit so niederschmetternd für die einstige Arbeiterpartei SPÖ, dass man verstehen kann, warum die jetzige SP-Führung verzweifelt nach einem Rezept sucht. Doch dabei Inhalte und Rhetorik der FPÖ zu übernehmen könnte eine schwere Fehleinschätzung sein. Der neue Bundesgeschäftsführer der SPÖ, der Steirer Max Lercher, ist offenbar ein Anhänger der Theorie, man könne die FPÖ überkicklen oder überstracheln oder letztlich überhaidern. Er gab den Startschuss mit einer Aussendung, in der er die FPÖ des "Arbeiterverrats" bezichtigte, weil die Regierung "150.000 Zuwanderer ins Land holen" wolle. "Das ist natürlich Blödsinn", sagt Arbeitsmarktexperte August Gächter im STANDARD. Woher hat Lercher den Blödsinn? Aus der Krone.

Was fehlt, sind qualifizierte Facharbeiter. Ob die aus Russland, der Ukraine oder der Türkei kommen werden? Kann schon sein, dass die Regierung niedrigqualifizierte Billigarbeitskräfte importieren will, um manchen Unternehmern einen Gefallen zu machen. Die Frage ist, ob Österreicher diese Arbeiten machen würden. Lercher steigerte sich dann noch in den Unfug hinein zu vermelden, Jörg Haider würde heute SPÖ wählen. Das ist ein Schmäh, der nicht funktioniert, aber unter den eigenen Liberalen böses Blut macht.

Zugegeben: Es ist schwierig, ein Kraut gegen Rechtspopulisten zu finden. Aber sie nachzuäffen bringt deren Themen und Pseudothemen in die eigenen Reihen und damit in die Mitte der Gesellschaft, schreibt die Süddeutsche. Außerdem: Im Burgenland ist die SPÖ in einer Koalition mit den Freiheitlichen. Bei den NR-Wahlen 2017 verlor die SPÖ 4,4 Prozent und die FPÖ gewann 8,7 Prozent (!).

Emmanuel Macron hat Sebastian Kurz etwas mitgegeben, was von der Austro-Presse überhört wurde. Sinngemäß: "Mit Rechtsextremen paktiert man nicht, man bekämpft sie. Ich habe es erfolgreich getan."

Warum wählten die Arbeiter die FPÖ? Weil ihnen die traditionellen Parteien nichts boten, was ihnen ihre Zukunftsangst und das Gefühl, unter die Räder zu kommen, genommen hätte. Christian Kern hat vor einem Jahr seinen "Plan A" vorgestellt. Der ist so detailliert, dass kein Mensch mehr sagen konnte, was drin steht. Die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen wissen im Grunde, dass sie von der FPÖ keine Wirtschaftspolitik, die Arbeitsplätze schafft, zu erwarten haben. Sie wählen sie aus Protest. Sie würden aber jemanden wollen, der ein verständliches Konzept hat. Welcher SP-Politiker (außer Kern) spricht aber mit Autorität über Wirtschaftspolitik? Der letzte war Franz Vranitzky. Faymann vermied aktiv den Kontakt mit Managern. Der SPÖ (auch dem SPÖ-Klub) fehlt es dramatisch an Wirtschaftskompetenz. Parolen mit FP-Geruch können sie nicht ersetzen. (Hans Rauscher, 16.1.2018)