Neben Schwarzen Löchern zählen Neutronensterne zu den exotischsten Himmelskörpern im Kosmos. Nun haben Astrophysiker die Masseobergrenze dieser superkompakten Objekte bestimmt.

Illustr.: Nasa

Gelungen ist dies den Forschern anhand der LIGO-Messdaten der Gravitationswellenemission während einer Neutronensternkollision (im Bild eine Simulation).

Illustr.: AK Rezzolla, Goethe-Universität

Frankfurt – Ab einer gewissen Anfangsmasse beenden Hauptreihensterne ihr Dasein als Neutronenstern oder als Schwarzes Loch. Während letztere enorme Ausmaße erreichen können – die massivsten bekannten stellaren Schwarzen Löcher vereinen mehrere Dutzend Sonnenmassen auf sich –, gibt es für Neutronensterne ein Massemaximum, das allerdings bisher nur ungefähr bestimmt werden konnte. Nun ist es Astrophysikern der Goethe-Universität Frankfurt erstmals gelungen, eine strenge obere Grenze für die Masse von Neutronensternen zu berechnen.

Mit einem Radius von rund zwölf Kilometern und einer Masse, die doppelt so groß werden kann wie die unserer Sonne, zählen Neutronensterne zu den dichtesten Objekten im Universum. Ihre Gravitationsfelder sind mit denen von Schwarzen Löchern vergleichbar. Während die meisten Neutronensterne eine Masse von ca. 1,4 Sonnenmassen haben, sind den Wissenschaftern auch massivere Exemplare bekannt, zum Beispiel der Pulsar PSR J0348+0432, der es auf 2,01 Sonnenmassen bringt.

Gigantische Dichte

Die Dichte dieser stellaren Überreste ist gigantisch: Sie entspricht der Masse des gesamten Himalaya-Gebirges, komprimiert in einem Würfel von zehn Zentimetern Seitenlänge. Es gibt jedoch Hinweise dafür, dass ein Neutronenstern, dessen Maximalmasse sich derjenigen eines Schwarzen Lochs nähert, kollabieren würde, sobald man ihm auch nur ein einziges Neutron hinzufügt.

Ein Team um Luciano Rezzolla an der Goethe-Universität in Frankfurt löste nun dieses seit 40 Jahren alte Problem: Innerhalb einer Genauigkeit von wenigen Prozent kann die Maximalmasse von nicht-rotierenden Neutronensternen demnach nicht größer als 2,16 Sonnenmassen sein.

Hilfreiche LIGO-Beobachtungen

Die Grundlage für dieses Ergebnis bildete der vor ein paar Jahren in Frankfurt erarbeitete Ansatz "universelle Beziehungen". Die Existenz "universeller Beziehungen" impliziert, dass praktisch alle Neutronensterne "gleich aussehen", so dass ihre Eigenschaften durch dimensionslose Größen ausgedrückt werden können. Diese Größen kombinierten die Forscher mit den Daten der Gravitationswellen und den darauf folgenden elektromagnetischen Signale (Kilonova), die im letzten Jahr während der Beobachtung von zwei verschmelzenden Neutronensternen durch das LIGO-Experiment gewonnen wurden.

Das machte die Berechnungen deutlich einfacher, da diese unabhängig von der zugrunde liegenden Zustandsgleichung sind. Die Zustandsgleichung ist ein theoretisches Modell für die Beschreibung von dichter Materie innerhalb des Sterns und enthält Informationen über die Zusammensetzung in verschiedenen Tiefen innerhalb des Sterns. Folglich war die Existenz einer solchen universellen Beziehung essentiell, um die neue maximale Masse bestimmen zu können.

In Zukunft noch genauer

Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal "The Astrophysical Journal" veröffentlicht. Einige Tage danach bestätigten auch Arbeitsgruppen aus Japan und den USA die Resultate, obwohl sie bis dahin andere unabhängige Ansätze verwendeten. Es ist wahrscheinlich, dass künftig mittels Gravitationswellenastronomie mehrere solcher Verschmelzungsereignisse beobachtet werden, sowohl in Form von Gravitationswellen als auch in traditionelleren elektromagnetischen Frequenzspektren.

Dadurch lassen sich womöglich die Unsicherheiten in der maximalen Masse weiter reduzieren und somit auch das Verständnis von Materie unter extremen Bedingungen verbessern. Diese wird in modernen Teilchenbeschleunigern wie am CERN in der Schweiz oder bei FAIR in Deutschland simuliert. (red, 24.1.2018)