Peter Pilz hat Erklärungsbedarf. Er muss sich vor der Staatsanwaltschaft Wien verantworten, während auch in Innsbruck gegen ihn ermittelt wird.

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Wien – Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt gegen Peter Pilz. Die Behörde hat das Landeskriminalamt Tirol mit Recherchen zu jenen Vorwürfen beauftragt, laut denen der damalige grüne Nationalratsabgeordnete im Sommer 2013 im Tiroler Alpbach eine Frau sexuell belästigt haben soll. Das bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft (StA) Innsbruck, an die die Wiener die Angelegenheit Mitte Dezember abgetreten haben, auf Anfrage des STANDARD.

Zuvor hatte die StA Wien von Amts wegen (also nicht auf Basis einer Strafanzeige) geprüft, ob ein Anfangsverdacht vorliege. Laut StA Innsbruck sei das der Fall. Einvernahmen hat es bis dato noch nicht gegeben. Pilz, der inzwischen die Liste Pilz gegründet hat, wegen der Belästigungsvorwürfe aber auf sein Nationalratsmandat einstweilen verzichtet hat, erwiderte auf Fragen zu diesen strafrechtlichen Ermittlungen: "Ich begrüße es sehr, dass es erstmals ein rechtsstaatliches Verfahren gibt." Mehr wollte er nicht dazu sagen. Bisher hat er die Vorwürfe stets zurückgewiesen und politisch motiviert genannt.

Zur Erinnerung: Pilz soll am Rande des Justizempfangs beim Europäischen Forum Alpbach im August 2013 angetrunken eine Mitarbeiterin der Europäischen Volkspartei begrapscht haben. Ein Zeuge sprach öffentlich von "aggressivem Vorgehen" des Politikers. Der wies die Vorwürfe am 6. November 2017 in einer Pressekonferenz so zurück: "Ich bin mir persönlich sicher, weil ich mich an so etwas erinnern würde." Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere zwei Verfahren

Pilz droht vonseiten der Justiz allerdings noch weiteres Ungemach. Da der Listengründer – zumindest vorläufig – auf sein Mandat verzichtet hat, hat er auch seine Immunität als Abgeordneter verloren. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft zwei alte Verfahren wiederaufgenommen, in denen Pilz als Beschuldigter geführt wird. Vor wenigen Tagen wurde er von der zuständigen Staatsanwältin einvernommen. Ihm wird das Delikt der "verbotenen Veröffentlichung" vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft Wien dem STANDARD bestätigte. Der Strafrahmen beträgt bis zu sechs Monate Haft. Pilz hatte Behördenakte publikgemacht, anhand derer er Amtsmissbrauch durch die Behörden argumentiert hatte.

Es sind Verfahren, deren Auslöser viele Jahre zurückliegen. In dem einen Verfahren geht es um Vorwürfe, wonach FPÖ-Funktionäre sich illegal Daten aus dem Polizeisystem Ekis besorgt und diese weitergegeben hätten. Das Verfahren wurde bereits im Jahr 2000 eingeleitet. Diese Spitzelaffäre hatte der ehemalige FPÖ-Gewerkschafter und Polizist Josef Kleindienst losgetreten, der 2001 auch das Buch "Ich gestehe" veröffentlicht hatte. Kleindienst beschuldigte darin etliche FP-Funktionäre, sich illegal personenbezogene Daten aus dem Polizeicomputer geholt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft hatte damals Vorerhebungen unter anderem gegen Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider und den niederösterreichischen Landesrat Ewald Stadler eingeleitet. Insgesamt war gegen mehr 80 Verdächtige ermittelt worden. Fast alle Verfahren wurden im Laufe der Zeit eingestellt, lediglich Kleindienst selbst und ein freiheitlicher Polizeigewerkschafter wurden verurteilt. Das Verfahren gegen Pilz wegen widerrechtlicher Veröffentlichung von Akteninhalten wurde aufgrund seiner Immunität als Abgeordneter auf Eis gelegt und jetzt wiederaufgenommen.

"Gezielte Vertuschung"

Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten Verfahren, das aus dem Jahr 2010 stammt. In diesem Fall geht es um die Ermittlungen im Fall von Natascha Kampusch. Pilz hatte dem Justizministerium vorgeworfen, die Ermittlungen behindert zu haben. Unter anderem forderte er die Suspendierung der Staatsanwälte, denen er "gezielte Vertuschung" vorgeworfen hatte. Auch in diesem Fall hatte Pilz geheime Akten veröffentlicht.

Ob es überhaupt zu einer Anklage in einem der Fälle kommen wird, ist offen. Sollte Pilz jedoch wieder ein Mandat im Nationalrat erhalten, würden diese Verfahren ruhend gestellt.
(Renate Graber, Michael Völker, 17.1.2018)