Gier kann schnell in Panik umschlagen, wie sich am Beispiel Bitcoin zeigt.

Foto: APA/AFP/JACK GUEZ

Wien – Was noch vor kurzem nach einer Verschnaufpause ausgesehen hat, entpuppte sich als regelrechter Kurssturz. Der Wert der Kryptowährung Bitcoin ist am Mittwoch auf rund 9.230 Dollar im Tief eingebrochen. Am Donnerstagvormittag hat sich der Wert wieder auf zuletzt rund 11.440 Dollar erhöht. Dennoch hat das Digitalgeld seit seinem Rekordhoch im Dezember rund 40 Prozent an Wert verloren. Auch viele andere Kryptowährungen, auch als Altcoins bezeichnet, verzeichneten in dessen Sog herbe Kurseinbußen.

Auslöser des Kursrutsches war ein Medienbericht, wonach China den Handel mit virtuellen Währungen blockieren wolle. Bereits seit längerem ist bekannt, dass auch Südkorea plant, derartigen Geschäften einen Riegel vorschieben – und zwar, indem entweder alle lokalen Handelsplattformen für virtuelle Währungen ihre Tätigkeit einstellen sollen. Alternativ könnte sich das Verbot bloß auf jene beschränken, die gegen Gesetze verstoßen hätten, gab der Chef der Finanzdienstleistungskommission, Choi Jong Ku, am Donnerstag bekannt.

Bis zu endgültigen Entscheidungen beider Staaten, die gemeinsam mit Japan als Hochburgen im Handel mit Kryptowährungen gelten, wird es laut Timo Emden vom Onlinebroker DailyFX noch etwas dauern. "Bis dahin stehen die Börsenampeln weiterhin auf Rot", fügt er hinzu.

Vertrauen beschädigt

Das Vertrauen in den Markt dürfte durch das Aus von Bitconnect, einer Plattform für den Verleih und Handel mit Kryptowährungen, untergraben worden sein. Der umstrittene Anbieter, hinter dem Kritiker ein Schneeballsystem vermuteten, teilte auf seiner Website mit, den Dienst einzustellen. Als Ursachen führt Bitconnect negative Medienberichte sowie den Erhalt von Unterlassungsaufforderungen aus den USA an.

Schon in den Tagen zuvor war Bitcoin unter Druck gestanden, da laut Mati Greenspan von der Social-Trading-Plattform eToro die Nachfrage aus Asien ausgeblieben ist. "Meiner Einschätzung nach haben japanische und koreanische Händler wohl einfach genug davon, einen Aufpreis zu zahlen und warten ab, bis sich der Markt beruhigt", sagt er unter Verweis darauf, dass der Bitcoin-Kurs dort konstant über jenem in den USA und Europa liege.

Keine Arbitrage-Geschäfte möglich

Damit kommt bei Bitcoin in derzeitiger Form ein gravierender Mangel neuerlich zum Tragen, nämlich die lange Wartezeit von mitunter mehreren Stunden bis zur Bestätigung einer Transaktion. Dies macht die Kryptowährung nicht nur für die Bezahlung von Alltag wenig tauglich, sondern auch für die Funktionsweise klassischer Finanzmärkte. Dort werden nämlich Preisunterschiede eines Vermögenswerts auf unterschiedlichen Börsen durch sogenannte Arbitragegeschäfte ausgeglichen. Dabei versuchen Händler mit sekundenschnellen Transaktionen an diesen Spannen zu verdienen und glätten diese dadurch. Lange Wartezeiten bei starken Kursschwankungen machen dies Bitcoin de facto unmöglich.

Anleger müssten nun entscheiden, ob sie Bitcoin aufgeben, weil die Währung wegen ihrer technischen Beschränkungen von besseren Altcoins verdrängt wird, sagt Steven Englander vom Vermögensverwalters Rafiki. "Inhabern von Kryptowährungen droht im schlimmsten Fall nicht weniger als der Totalverlust ihres Engagements", warnt hingegen DZ Bank-Experte Sören Hettler.

Korrektur oder geplatzte Blase

Bisher ist allerdings noch unklar, ob es sich um eine reine Kurskorrektur von Bitcoin und Co oder tatsächlich um ein Blase handelt, vor der viele Kritiker gewarnt haben – und die nun im Platzen begriffen ist. Sollte dies der Fall sein, erwarten Volkswirte anders als bei Aktien- oder Immobilienblasen keine nennenswerten Auswirkungen auf die Realwirtschaft, da der Gesamtwert aller Kryptowährungen mit rund einer halben Billion Dollar vergleichsweise gering sei. Selbst wenn es sich um eine Preisblase handeln sollte, muss dies keineswegs das Aus für Kryptowährungen bedeuten – ebenso wie das Ende des Technologie-Hypes der späten 1990er-Jahre die Entwicklung von Internetfirmen nur vorübergehend beeinträchtigt hatte. (Alexander Hahn, 18.1.2018)