Ankylosaurier setzten nicht auf Köpfchen, sondern auf die Keule.
Illustration: Jack Mayer Wood

Raleigh – Es sind ein paar simple, aber deshalb auch verblüffende Fragen, die Forscher der North Carolina State University in der jüngsten Ausgabe der "Proceedings of the Royal Society B" stellen. Allen voran die, warum so viele Landwirbeltiere Waffen am Kopf tragen und ihn auch entsprechend einsetzen – und nur so wenige den Schwanz, obwohl Verletzungen dort doch weit weniger kritisch wären. Das ist eigentlich paradox.

Tatsächlich gab es nur sehr wenige Spezies – und heute überhaupt keine mehr – mit einem Schwanz, der lange Stacheln trug oder am Ende keulenartig verdickt war und dadurch als Waffe eingesetzt werden konnte: Hauptsächlich waren es Ankylo- und Stegosaurier, Riesengürteltiere aus der Familie der Glyptodonten sowie einige sehr urtümliche Schildkröten, die vor über 200 Millionen Jahren lebten.

Das Team um Victoria Arbour zog insgesamt 286 Landwirbeltierspezies, rezente wie ausgestorbene, heran, um durch einen Vergleich Gemeinsamkeiten zwischen den wenigen Schwanzschwingern zu finden. Sie fanden vier – manche davon klingen selbsterklärend, andere nicht unbedingt.

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Wie sich die Szenen ähneln: 65 Millionen Jahre nach dem Ankylosaurus setzte das Riesengürteltier Doedicurus auf das gleiche System.
Illustration: REUTERS/Peter Schouten

Dass zum Beispiel alle Spezies mit elaboriertem Keulen- oder Stachelschwanz Pflanzenfresser waren, ist auf den ersten Blick erstaunlich – spricht aber dafür, dass es sich um eine Defensiv- statt Offensivwaffe handelte. Auf der Hand liegen dafür die beiden Faktoren Panzerung und damit einhergehend auch der stark versteifte Brustkorb: Ohne einen stabil bleibenden Oberkörper, der bei ausholenden Bewegungen nicht zur Seite schwingt, ließe sich ein Keulenschwanz nicht effektiv einsetzen. Außerdem waren alle diese Spezies groß und schwer – im Bereich von 100 Kilogramm aufwärts.

Laut Arbour bedurfte es eines "perfect storm", also eines unwahrscheinlichen Zusammentreffens verschiedener Faktoren, damit eine Spezies eine Schwanzwaffe entwickeln konnte. Insbesondere der Faktor Körperpanzerung habe sich hier ausgewirkt: Die Ausbildung eines knöchernen Panzers ist unter großen Pflanzenfressern sehr selten, sagt die Forscherin.

Warum es keine bewaffneten Schildkröten (mehr) gibt, bleibt aber trotzdem offen. In ihrer sehr langen Evolutionsgeschichte haben diese Tiere reichlich Arten hervorgebracht, die alle Faktoren in sich vereinten: vegetarische Ernährung, Panzer und teils auch beachtliche Größe. Seltsamerweise scheint es dennoch nie wieder zur Ausbildung einer solchen Waffe gekommen zu sein, wie sie ihre frühen Ahnen noch zur Verfügung hatten. (jdo, 22. 1. 2018)