Im Dirty Money Project zeigten Wissenschafter der University of New York 2015, dass auf einem Geldschein bis zu 3.000 Keime kleben – auch Viren wie Influenza verbreiten sich auf diese Weise.

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Eine richtige Influenza, so wie sie aktuell in Österreich grassiert, streckt einen nieder. Hohes Fieber, starke Kopf- und Gliederschmerzen: Der eine oder andere bereut in solch misslichem Zustand, auf die Impfung verzichtet zu haben. Wer leidend im Bett liegt, stellt sich dann aber meist unwillkürlich die Frage: Wo oder wer hat mich eigentlich angesteckt? "Wir sind von unzähligen Viren umgeben, wir kennen mehrheitlich nur jene, die Menschen krankmachen, und sie sind überall", erklärt Florian Thalhammer, Infektiologe an der Med-Uni Wien, eine grundlegende Tatsache menschlichen Lebens.

Influenza-Viren sind derzeit quasi überall. Schule, Büro, Supermarkt, U-Bahn sind Umschlagplätze. Wenn ein Influenza-Infizierter niest, versprüht er 106 Viruspartikel. Das sind 16.000 Erreger pro Kubikmeter Luft. Auch jene, die medizinisch korrekt in den Ellenbogen niesen, bleiben ansteckend, weil es die Krankheitserreger in anderen Momenten immer wieder auf die Hände schaffen. Dazu kommt, dass Influenza-Viren nicht nur durch Niesen oder Husten in die Luft abgegeben werden, wie eine brandneue Studie im Fachblatt "PNAS" warnt: Epidemiologen um Donald Milton (Uni Maryland) haben bei Tests mit infizierten Versuchspersonen herausgefunden, dass die Viren auch durch ganz normales Atmen in die Luft gelangen – insbesondere in den ersten Tagen der Krankheit.

Für die Untersuchung wurden 142 Studenten mit Grippesymptomen in einem abgeschlossenen Raum isoliert. Danach nahmen die Forscher Luftproben, die zeigten, dass sich in 48 Prozent davon Grippeviren befanden – auch ohne dass die Personen gehustet oder geniest hatten. Milton und seine Kollegen warnen daher dringend davor, trotz erster Grippesymptome arbeiten zu gehen.

Infektiöse Zahlungsmittel

Influenza-Viren können bis zu zwei Tage außerhalb des Körpers überleben, kleben an Türschnallen, Handläufen oder Liftknöpfen und wechseln so ihre Wirte. Worüber die wenigsten nachdenken: Ein wunderbarer Übertragungsweg sind Geldscheine. Das Dirty Money Project, eine mikrobiologische Studie an der New York University, zeigte, dass sich bis zu 3.000 unterschiedliche Keime auf einer Dollarnote befinden. Geld ist also ein Tauschmittel für Krankheitserreger aller Art. Sie sind vor allem auf älteren Scheinen, denn Dollarnoten bestehen so wie Euronoten auch aus einem Baumwoll-Leinen-Gemisch, das mit der Zeit brüchig wird, und die für das Auge kaum wahrnehmbaren Risse werden auf diese Weise Sammelbecken für Keime. "Wir haben versucht, diese Tatsache in Bezug auf Bakterien nachzustellen, es ist uns allerdings leider nicht gelungen", sagt Thalhammer, weist aber darauf hin, dass es sich dabei um Bakterienanordnungen, nicht um Viren handelte.

Klar ist, dass die Viren für eine richtige Ansteckung vom Geldschein auf die Hände und dann in die Atemwege kommen müssen. "Das passiert ganz unbewusst und lässt sich quasi nicht vermeiden", sagt Thalhammer. Martin Grunwald hat am Haptik-Forschungslabor in Leipzig die Selbstberührung erforscht. Bis zu 800-mal am Tag berührt man das eigene Gesicht. "Besonders in emotionalen Momenten oder dann, wenn man viel Stress hat, berührt man sich unwillkürlich im Gesicht, weil es zur Beruhigung beiträgt", sagt Grunwald. In Grippezeiten haben die Influenza-Viren also extrem leichtes Spiel, in den Respirationstrakt zu gelangen. Die gute Nachricht: Bislang dominieren in der Grippesaison 2017/18 die Viren des sogenannten B-Stamms. Im Unterschied zu den in den drei vorigen Saisonen dominierenden A-Typen verlaufen Erkrankungen vergleichsweise milder, und antivirale Medikamente wirken besser.

Abfangen kaum möglich

"Wir können Influenza-Patienten, die frühzeitig ins Krankenhaus kamen und mit diesen Medikamenten behandelt wurden, meist schon nach 24 bis 48 Stunden wieder aus dem Spital entlassen", kann Thalhammer berichten. Entwarnung will er trotzdem nicht geben. Influenza-Viren sind extrem wandelbar. Er rechnet damit, dass der aggressivere A-Stamm in den nächsten Wochen die Oberhand gewinnen könnte, sicher vorhersagbar sei es aber nicht.

Insofern bleiben Händeschütteln, U-Bahn-Fahren und mit Geld bezahlen weiterhin potenziell krankmachende Aktivitäten. Wichtiger als alles andere sei, so Thalhammer, regelmäßiges Händewaschen. Und zwar 20 bis 30 Sekunden einseifen und dann unter laufendem Wasser abspülen. Denn einmal ganz abgesehen von Influenza-Erregern waren es im Dirty Money Project überwiegend Darmbakterien wie Escherichia coli, die auf den Geldscheinen nachgewiesen wurden. Auch Staphylokokken kleben am Geld, sie sind der Grund für so manchen Pickel im Gesicht.

In Ländern mit großer Angst vor Krankheitserregern wie etwa Japan gibt es Bankomaten, in denen Geldscheine erhitzt werden, um Keime abzutöten. Bei Münzen ist die Infektionsgefahr übrigens weniger groß. Sie enthalten Kupfer, also ein Material, das Krankheitskeime unschädlich macht. (Karin Pollack, 20.1.2018)