Als Frau endlich mehr – beziehungsweise endlich gleich viel – in der Tasche. Dafür sollen neue gesetzliche Regelungen in Island und Deutschland sorgen. Sie nehmen Unternehmen in die Pflicht, sollen Transparenz schaffen. Aber wie effektiv sind sie?

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"Ich will nicht mehr Geld. Ich will nur, dass die BBC sich an das Gesetz hält und Männer und Frauen gleich wertschätzt", sagte die China-Korrespondentin Carrie Gracie. Sie kündigte, weil männliche Kollegen für die gleiche Arbeit offenbar 50 Prozent mehr als sie verdienen.

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Für die gleiche Arbeit weniger bezahlt zu bekommen als ein männlicher Kollege – das ist für viele Frauen Alltag. In Island und Deutschland sollen neue Gesetze, die seit Anfang des Jahres in Kraft sind, dafür sorgen, dass sich die Lohnschere schließt.

In Island scheibt der Equal Pay Act gleichen Lohn für gleichwertige Tätigkeit vor. Damit sich kein Arbeitgeber drücken kann, sind Unternehmen verpflichtet, die faire Bezahlung zu dokumentieren. Das neue Gesetz gilt für Betriebe ab 25 Mitarbeitern. Island hofft, damit bis 2022 völlige Lohngleichheit herzustellen.

Die Neuregelung in Deutschland nennt sich Entgelttransparenzgesetz – Arbeitnehmer dürfen in Betrieben ab 200 Beschäftigten nun offiziell erfragen, wie viel ihre Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen.

Österreich: Einkommensberichte

Eine ähnliche Regelung gibt es in Österreich: Seit der Gleichbehandlungsnovelle 2011 sind Betriebe dazu verpflichtet, Einkommensberichte zu erstellen. Seit 2014 gilt sie für Unternehmen ab 150 Mitarbeitern. Diese Maßnahme sei "zu unkonkret und schwerer handhabbar", sagt Sabine Wagner-Steinrigl von der Gleichbehandlungsanwaltschaft – zeigen Einkommensberichte doch nur das durchschnittliche Entgelt von Männern und Frauen in einer Verwendungsgruppe.

Deutlich werde also eine Struktur, "einer Einzelperson werden die Berichte nur in Einzelfällen weiterhelfen", sagt die Expertin. Das deutsche Gesetz sei da möglicherweise effektiver: "Man kann Gehälter auch individuell als Arbeitnehmerin beim Arbeitgeber erfragen. Damit kann man sicher mehr anfangen."

Wagner-Steinrigl nennt aber auch einen Nachteil: Es muss mindestens sechs Kollegen des jeweils anderen Geschlechts geben, die einen ähnlichen Job machen wie der Antragsteller. Ist man beispielsweise Abteilungsleiterin, findet in der Firma aber nur fünf Kollegen vor, die ebenfalls einen solchen Posten bekleiden, wird es bereits schwierig.

Gegebenenfalls Sanktionen

Das isländische Gesetz befindet die Juristin insofern für "sehr gut", als es "eine aktivere Pflicht für Unternehmen bedeutet, und zwar nicht nur gegenüber Einzelpersonen und Betriebsrat, sondern auch gegenüber dem Staat". Derselben Meinung ist Bianca Schrittwieser von der Arbeiterkammer. "Indem er nachweisen muss, dass er nicht diskriminiert, wird der Arbeitgeber stärker in die Verantwortung genommen."

Ebenfalls ein Vorteil laut den Expertinnen: dass das isländische Gesetz auch für kleinere Betriebe gilt. Nicht wie in Deutschland und Österreich erst für jene mit mehr als 200 oder 150 Beschäftigten.

Ein weiteres Problem sei derzeit auch: "Ein Unternehmen erstellt den Einkommensbericht, und dann muss nichts weiter passieren", sagt Schrittwieser. Ihrer Meinung nach bräuchte es "eine Verpflichtung, die Lohnschere abzubauen". Und wenn ihr nicht nachgekommen wird, gegebenenfalls auch Sanktionen.

(K)Ein schiefer Vergleich?

Gehaltsexperte Conrad Pramböck hält nichts von neuen Gesetzen. "Hier wird an der komplett falschen Baustelle gearbeitet." Man müsse eher Frauen dazu animieren, in Branchen zu gehen, in denen man besser verdient. Schuld am Gender-Pay-Gap – laut Eurostat zuletzt 16,3 Prozent im EU-Durchschnitt und 21,7 Prozent in Österreich – ist seiner Meinung nach nämlich, "dass die Frauen einfach andere Jobs haben als die Männer" und seltener in Führungsverantwortung sind.

Wagner-Steinrigl widerspricht: Selbst nach Herausrechnen dieser Faktoren bleibe immer noch ein unerklärbarer Abstand. Dieser betrage laut einer aktuellen Untersuchung der Statistik Austria 13 Prozent.

Protest gegen ungleiche Bezahlung

Unlängst ließ die Journalistin Carrie Gracie damit aufhorchen, dass sie ihre Stelle kündigte, weil ihre männlichen Kollegen offenbar mindestens 50 Prozent mehr verdienten als sie. Gracie war seit 30 Jahren für die britische BBC tätig, zuletzt als Büroleiterin und Korrespondentin in China.

Im Sommer hat der Sender erstmals die Gehälter der Führungsriege veröffentlichen müssen. Damit habe eine "Vertrauenskrise" begonnen, sagt Gracie. Die Veröffentlichung habe eine "unhaltbare" Lücke in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen gezeigt. In den letzten Monaten hätten sich bis zu 200 Frauen bei der BBC über ungleiche Bezahlung beschwert. (Lisa Breit, 21.1.2018)