Boomtown: Das Ufer am Wiener Donaukanal ist vor allem im Sommer sehr beliebt. Die Ausschreibung für ein neues Gastrokonzept erzürnt etablierte Lokalbetreiber.

Foto: Andy Urban

Wien – Am Wiener Donaukanal bahnen sich 2018 große Veränderungen an. Wie berichtet, wurden entlang des innerstädtischen Freizeitareals gleich sechs gastronomisch genutzte Flächen zwischen Augarten- und Franzensbrücke neu ausgeschrieben. Betroffen sind der Tel Aviv Beach, das Feuerdorf, die Adria Wien, die Badeschiff-Vorkaifläche, der Central Garden und die Hafenkneipe. Die Verträge mit den Betreibern laufen spätestens im Oktober dieses Jahres ab. Vergeben werden neue Zehnjahresverträge.

Gerold Ecker, der die Adria (seit 2005) und auch das Badeschiff (seit 2006) betreibt, hat sich an der Ausschreibung nicht beteiligt. Stattdessen klagt er mit seinem Unternehmen auf Feststellung und Unterlassung der Ausschreibung. In der Klagsschrift, die dem STANDARD vorliegt, ist von einer "intransparenten und gleichheitswidrigen Interessentensuche" die Rede.

Nur noch eine Fläche

Geklagt wird die Donauhochwasserschutz-Konkurrenz (DHK), die die Grundbesitzerin der oben genannten Donaukanalflächen ist und hinter der Ausschreibung steht. Die DHK besteht aus einem Gremium aus Bund, Stadt Wien und Land Niederösterreich. Wiens Vertreter ist Gerald Loew, Leiter der MA 45 (Wiener Gewässer), ressortzuständig ist Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Hintergrund der Klage ist auch die Tatsache, dass künftig laut Ausschreibung ein Pächter nur noch eine ausgeschriebene Fläche erhalten kann. Dieser Punkt betrifft vor allem Ecker, der mit seinen Gesellschaften hinter Adria und Badeschiff steht – und nur noch höchstens einmal zum Zug kommen könnte.

Ecker gilt als Pionier am boomenden Kanal. Er wirft der DHK "willkürliches Verhalten" und "eine kalte Enteignung" vor. Verwiesen wird auch darauf, dass der Bereich City Beach vis-à-vis des Motto am Fluss erst vor einem Jahr ohne Ausschreibung neu vergeben wurde. Gastronom Philipp Pracser, der mehrere Lokale in Wien betreibt, habe einen 20-Jahres-Vertrag erhalten.

Räumungsklage

Juristisch gestritten wird auch auf einer weiteren Ebene: So ist Ecker laut Eigenangaben Pächter des Glashauses bei der Adria Wien. Das Glashaus gelangt aber ebenfalls zur Ausschreibung: Aktuell läuft eine Räumungsklage gegen Ecker vor dem Handelsgericht. Ecker will aber über "unbefristete Bestandrechte" am Glashaus verfügen – und das Gebäude nicht kampflos überlassen.

Skurril ist dabei, dass die MA 42 (Wiener Stadtgärten) mit Ecker einen Bestandvertrag über das Glashaus geschlossen hat. Laut einem Bericht des Rechnungshofs bestand aber kein Vertrag "zwischen der MA 42 und der grundverwaltenden DHK".

Das Badeschiff selbst ist – anders als die Vorkaifläche – nicht von der Ausschreibung am Donaukanal betroffen. Für das Schiff hat Ecker noch einen Bestandvertrag bis zum Jahr 2034.

Grüne kritisieren SPÖ

Die Ausschreibung wurde mit Wissen von Stadträtin Sima initiiert. Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, ebenfalls für die Entwicklung des Donaukanals verantwortlich, wurde hingegen nicht eingebunden. "So wird es nicht gehen", sagte Vassilakou. "Wir sind in einer gemeinsamen Regierung, es kann nicht einer das Team verlassen."

Laut Sima sei die Stadt bei der Ausschreibung nur einem Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2016 gefolgt. Dieser hat festgestellt, dass die Stadt Flächen am Kanal zu billig und intransparent verpachtet hat. Kritisiert wurde auch, dass mehrere Flächen an einen Pächter gingen – der diese dann gewinnbringend unterverpachten konnte.

Großprojekte bevorzugt

Die Ausschreibung bevorzugt gastronomische Großprojekte: Die Höhe des Investitionsvolumens und des Bestandzinses wird bei der Prüfung der Einreichungen "gemeinsam mit mehr als 50 Prozent gewichtet". Wie viele Bewerber sich für die sechs ausgeschriebenen Flächen gemeldet haben, wollte die DHK in einer Stellungnahme "aufgrund laufenden Verfahrens" nicht sagen.

Eine unabhängige Personenkommission prüfe die Einreichungen und erarbeite Vergabevorschläge, "auf deren Basis die Kurien die Entscheidung treffen". Wann die Vergabe der Flächen feststeht, "kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fixiert werden". (David Krutzler, 22.1.2018)