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Foto: Reuters/HANNIBAL HANSCHKE

Frage: Wann beginnen nun die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union?

Antwort: Sie sollen noch in dieser Woche beginnen. Der genaue Zeitpunkt ist allerdings noch offen. Die Union will aber zügig vorgehen und vor Ostern eine stabile Regierung haben.

Frage: Was sind die Knackpunkte, und inwiefern kann das Sondierungspapier noch verändert werden?

Antwort: Die Parteitagsmitglieder der SPD haben ja unter der Prämisse zugestimmt, dass einige Punkte im Koalitionspapier noch geändert werden müssen, nach dem Motto: Sondierungen sind das eine, die konkreten Koalitionsverhandlungen wieder was anderes. Um Kritikern einer neuen großen Koalition entgegenzukommen, wurde die Forderung nach Nachbesserungen der Sondierungsergebnisse von Union und SPD sogar in den Leitantrag der Parteispitze aufgenommen. Konkret gefordert werden unter anderem eine zusätzliche Härtefallregelung beim Familiennachzug für Flüchtlinge, Schritte hin zu einem Ende der Zweiklassenmedizin (Stichwort Bürgerversicherung statt private und gesetzliche Krankenkassen nebeneinander) sowie eine Eindämmung befristeter Arbeitsverhältnisse. Die Union hat Nachverhandlungen bisher eine Absage erteilt.

Frage: Wird man in der Union wirklich hart bleiben und ein Scheitern in Kauf nehmen?

Antwort: Angela Merkel selbst hat betont, dass über Details noch gesprochen werden könne, die Eckpunkte aber unantastbar seien. Im Gegensatz zur CSU – deren Präsidium hat Nachverhandlungen am Sonntagabend einhellig abgelehnt – ließ Merkel offen, ob und an welcher Stelle noch Änderungen möglich sind. Merkel kann es sich aber eigentlich nicht leisten, die Koalitionsgespräche an drei Nachbesserungswünschen der SPD scheitern zu lassen. Ihr wird eine große Moderationsverantwortung zukommen. Schließlich sieht die CSU in München alles durch die Landtagswahlbrille und besteht vor allem beim Themenkomplex Familiennachzug auf einer harten Linie.

Frage: Wer sind in der SPD eigentlich die Hauptkritiker?

Antwort: Gegen eine neue große Koalition wandte sich vor allem der Chef der Jungsozialisten, Kevin Kühnert. Mit seiner "NoGroKo"-Kampagne tingelte er durch Deutschland und suchte Verbündete. Er ist der Meinung, nach zwölf Jahren Regierungszeit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel seien die Gemeinsamkeiten aufgebraucht. Auch mehrere Landesverbände haben sich vorab gegen eine große Koalition ausgesprochen. In Thüringen, Sachsen-Anhalt und in Berlin gibt es dazu Parteitagsbeschlüsse.

Frage: Wie nimmt man in der Bevölkerung die Entscheidung des SPD-Parteitags auf, Koalitionsgespräche zu beginnen?

Antwort: Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey sind die Deutschen eher skeptisch. Mehr als die Hälfte der Befragten bewertete die Entscheidung des SPD-Parteitags, Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU aufzunehmen, in der Summe negativ, 32 Prozent bewerteten den Beschluss sogar "sehr negativ". Rund 40 Prozent sahen die Entscheidung positiv. Das hat sich die SPD sicher anders vorgestellt.

Frage: Die SPD-Mitglieder sollen auch noch befragt werden. Was erwartet man sich davon?

Antwort: Die SPD-Parteimitglieder sollen nach Abschluss der Verhandlungen noch über den Koalitionsvertrag abstimmen. Das ist mittlerweile in der SPD üblich. Haben die einfachen Mitglieder aber vor der letzten großen Koalition noch die basisdemokratische Vorgehensweise als "Sternstunde der Demokratie" bejubelt, so dürfte sich die Euphorie diesmal in Grenzen halten. Politologen gehen davon aus, dass die einfachen Parteimitglieder, weil tendenziell weniger ideologisch als der "Mittelbau", dem Parteitagsbeschluss folgen werden und für die Koalition stimmen. Sicher sein kann man sich aber erst, wenn das Ergebnis – nach abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen – vorliegt.

Frage: Was ist, wenn die SPD-Basis doch noch gegen den Koalitionsvertrag stimmt?

Antwort: Das wäre für die SPD-Parteispitze ein massives Problem, weil es einem Misstrauensvotum gleichkäme. Also müsste wohl zumindest Schulz darüber nachdenken, zurückzutreten. Und das, kurz vor – dann wahrscheinlichen – Neuwahlen. Sowohl Merkel als auch CSU-Chef Horst Seehofer halten nämlich nichts von einer Minderheitsregierung. Neuwahlen als wahrscheinlichste Option würden in der Union womöglich auch die Debatte darüber beschleunigen, ob Merkel nach zwölf Jahren Kanzlerschaft noch die geeignete Spitzenkandidatin wäre. Nachfolger oder Nachfolgerin hat Merkel aber bis jetzt noch keine aufgebaut. Das wäre für die kommende Legislaturperiode geplant gewesen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 22.1.2018)