Krebszellen haben Bewegungsdrang: Wenn sie sich vom ursprünglichen Tumor lösen, an einem anderen Ort ansiedeln und sogenannte Metastasen bilden, wird die Erkrankung lebensbedrohlich.

Foto: Stem Jems/Science Source

Jeder Mensch besitzt mehr als 200 verschiedene Zelltypen. Die meisten Zellen haben ihren festen Platz und bilden Organe und Gewebe, doch einige von ihnen besitzen die Fähigkeit, auf "Wanderschaft" zu gehen. Immunzellen beispielsweise bekämpfen Krankheitsherde, andere Zelltypen wiederum kümmern sich um die Wundheilung.

Auch Krebszellen können wandern. Doch ihr Bewegungsdrang kann schwere Folgen haben: Wenn sie sich vom ursprünglichen Tumor lösen, an einem anderen Ort ansiedeln und sogenannte Metastasen bilden, wird die Erkrankung deutlich schwieriger zu behandeln.

Wissenschafter der Universitätsmedizin Göttingen wollen nun die molekularen Prozesse erforschen, die es Brustkrebszellen ermöglichen, zu wandern. Diese Mechanismen könnten Angriffspunkte für neue Therapiestrategien bei metastasierendem Brustkrebs sein, hoffen die Wissenschafter.

Neue Angriffspunkte

Warum sich ein Tumor ausbreitet und Metastasen bildet, ist bisher noch nicht in allen Einzelheiten aufgeklärt. Forscher wissen bislang, dass sich Brustkrebsmetastasen hauptsächlich in Knochen, Lunge und Leber bilden. Um sich vom Ursprungstumor loslösen zu können, durchlaufen Krebszellen ein zelluläres Entwicklungsprogramm, das sie mit neuen Fähigkeiten ausstattet. Diese modifizierten Zellen sind mobiler, sie können quasi auf Wanderschaft zu gehen.

Diese "Neuprogrammierung" ist essenziell für zahlreiche Prozesse in der menschlichen Entwicklung, beispielsweise werden dadurch in der Embryonalphase das Neuralrohr und damit das Nervensystem angelegt. Doch auch Tumorzellen können profitieren: Durch die unkontrollierte Reaktivierung des Programms werden Zellen generiert, die invasive Eigenschaften besitzen. Krebszellen können nun in umgebende Gewebe und Organe eindringen.

Aufgrund ihrer speziellen Charakteristika sind Tumorzellen nach Durchlaufen des Programms häufig gegen gängige Wirkstoffe der Krebstherapie resistent. Dies trifft vor allem auf Chemotherapeutika zu. Dadurch können sich nach scheinbar erfolgreicher Chemo-, Strahlen- und endokriner Therapie, Rezidive und Metastasen bilden.

Metastasierung durch Proteine

Die Göttinger Wissenschafter konnten bereits zeigen, dass spezielle Proteine eine wichtige Rolle bei der Metastasierung spielen. "Bei den verantwortlichen Proteinen möchten wir die Funktion und die Zusammenhänge der nachgeschalteten Signalwege untersuchen. Insbesondere deren Hemmung scheint therapeutisch interessant zu sein. Diese molekularen Mechanismen möchten wir für die Entwicklung zielgerichteter Krebsmedikamente nutzen", erklärt Studienleiter Carsten Gründker das Ziel der weiteren Forschung. (red, 25.1.2018)