Die Präsidentschaft von Donald Trump könnte man als Beginn der amerikanischen Abdankung betrachten. Der Mann, der nun seit einem Jahr das Weiße Haus in ein Tollhaus verwandelt, hat die Immer-noch-Supermacht USA auf vollen weltpolitischen Rückzug gesetzt.

Auch wenn die Zerbröselung der Rolle der USA als Weltpolizist und demokratiepolitisches Modell schon früher begonnen hat – eigentlich mit dem katastrophal falschen Irakkrieg von George Bush jun. – und wenn auch Obama nicht mehr willens war, den USA eine Rolle in Syrien zu geben, so ist es doch Trump mit seinem Rückzug auf allen Linien.

Im Nahen Osten spielen die USA nur noch eine Nebenrolle. Russland, der Iran und die Türkei beherrschen Syrien und üben entsprechende Macht auf die umliegenden Staaten aus. Geblieben ist die Unterstützung für Saudi-Arabien und Israel. Hier gilt die Garantie der USA noch, aber Trump hat nicht nur Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkannt, sondern auch die fortdauernde Besatzung und teilweise Landnahme in den Palästinensergebieten. Das bedroht längerfristig Israels Existenz als jüdischer und demokratischer Staat.

Mit der EU – und abgeschwächt mit der Nato – hat Trump nicht viel am Hut, er setzt jedenfalls Putins unkonventioneller Kriegsführung mittels Fake-News und Unterminierung etlicher Staaten nichts entgegen. Der US-Experte David Frum (früherer Redenschreiber von George Bush jun.) geht sogar davon aus, dass Putin die USA unter Trump de facto ausmanövriert hat: "Hier ist, was die Russen geschafft haben: 1) Sie haben einen fähigen und effektiven Außenpolitikpräsidenten (Hillary Clinton, Anm.) ferngehalten, der sie und ihre Ziele verstanden hat und wusste, wie man effektive Koalitionen gegen sie aufbaut. 2) Sie haben einen Präsidenten gewonnen, der aus Gründen der Eitelkeit oder Schlimmerem das Land verletzlich und angreifbar gelassen hat. 3) Sie haben einen Präsidenten gewonnen, der die Allianzen Amerikas zertrümmert. 4) Die Russen erreichten Vereinigte Staaten, die auf eine Art funktionieren, wie sie es gern haben – offen für Korruption und Oligarchie -, und sie haben Punkte für ihr Argument gemacht, dass Demokratie ein Witz und ein Betrug ist. 5) Sie haben mitgeholfen, einen rassistischen Provokateur einzusetzen, der jeden Stresspunkt in der amerikanischen politischen Kultur weiter anheizt bis zu dem Punkt, wo die USA polarisiert und paralysiert werden."

Trump schätzt Diktatoren wie Putin oder die chinesische Führung und gibt damit die Rolle der USA als demokratisches Modell auf. Mit seinen wüsten Ausfällen, seinen Regelverstößen, mit seiner kindischen Prahlerei, mit der Unfähigkeit, sich auch nur zehn Minuten auf ein Problem zu konzentrieren, alles Dinge, die man früheren Präsidenten nie hätte durchgehen lassen, senkte er die Schwelle, ab der man beginnt, um das Modell der amerikanischen Demokratie ernsthaft zu fürchten.

Auch wenn Trump weg ist, werden die Zeiten der amerikanischen Allgegenwärtigkeit und Allzuständigkeit wohl vorbei sein. Das werden viele begrüßen, ob es ihnen dann mit einem China, das eine ganz andere Agenda hat, bessergehen wird, ist die Frage. Oder mit einem Russland, das – unter begeisterter Mitwirkung europäischer Rechtspopulisten – die EU und das westliche demokratische Modell zerstören möchte. (Hans Rauscher, 23.1.2018)