Das Prunkstück einer Auktion in Mannheim: Am vergangenen Wochenende kam eine Anleihe der United States Steel Corporation aus dem Jahr 1901 für 25.000 Euro unter den Hammer.

Foto: HWPH AG

Wien – An der Börse sind sie nichts mehr wert, unter Sammlern dafür umso mehr. Es geht um historische Wertpapiere, also Aktien oder Anleihen, die eigentlich keine Rechte mehr verbriefen, sich aber wegen ihres Alters, ihrer Seltenheit oder Schönheit unter Liebhabern dennoch großer Beliebtheit und Nachfrage erfreuen. Und mitunter auch stolze Preise erzielen, zuletzt etwa bei einer Auktion von mehr als 900 solchen Exemplaren in Mannheim am vergangenen Wochenende.

"Es ist gut gelaufen", sagt Matthias Schmitt, Vorstand des Historischen Wertpapierhauses, das die Versteigerung durchführte. Es sei zu einigen Bieterduellen gekommen. Insgesamt habe die Auktion einen Umsatz von 212.000 Euro eingespielt. "Das Highlight ist mit 25.000 Euro versteigert worden", hebt Schmitt hervor. Dabei handelt es sich um eine Anleihe der United States Steel Corporation aus dem Jahr 1901, unterfertigt vom damaligen US-Großindustriellen Andrew Carnegie. Käufer ist der deutsche Sammler Rüdiger Weng, der sich seit langem am Finanzmarkt und in den Bereichen Kunst und Collectibles engagiert.

Seit 20 Jahren gesucht

"Hinter dem US-Steel-Bond war ich seit 20 Jahren her", sagt Weng. Dreimal sei er nicht zum Zug gekommen, habe nun aber die Gelegenheit zu kaufen genutzt. "Ich habe mich sehr darüber gefreut", sagt er, denn die Anleihe stehe im Zusammenhang mit der ersten großen Übernahme der US-Geschichte. Carnegie hatte sich nämlich 1901 zur Ruhe gesetzt und sein Unternehmen um 480 Millionen US-Dollar an den Bankier J. P. Morgan verkauft. Dieser fusionierte die Stahlproduktionsstätten mit den eigenen, woraus US Steel hervorging. "Dieser Bond verbrieft den größten Deal der damaligen Finanzwelt", hebt Weng hervor.

Angefangen zu sammeln hat er im Jahr 1981, da sein Interesse an der Wirtschaftsgeschichte der Vereinigten Staaten auch jenes an alten Wertpapieren geweckt hatte. "Inzwischen habe ich die wahrscheinlich größte Sammlung mit historischer Bedeutung aufgebaut", sagt Weng. Ob die 25.000 Euro für die US-Steel-Anleihe der höchste von ihm je bezahlte Preis sind? Nein, sagt Weng. Er habe auch schon sechsstellige Summen auf den Tisch gelegt.

Seine inzwischen auf mehr als 2000 Wertpapiere angewachsene Sammlung umfasst auch Prunkstücke wie die Gründeraktie der Bank of England aus dem 17. Jahrhundert. Aber auch aus Österreich, das "eine große Finanzgeschichte gehabt hat", stammen seltene Exemplare. Dazu zählt er eine Anleihe aus Zeiten von Kaiserin Maria Theresia oder Gründungsaktien der Oesterreichischen Nationalbank oder der DDSG. "Ich suche, was von wirtschafts- und kulturhistorischer Bedeutung war und durch Aktien und Anleihen verbrieft wird", sagt Weng über seinen Fokus.

Leidenschaft als Triebfeder

Den Gesamtwert seiner Sammlung kann oder will er zwar nicht näher beziffern, merkt aber an: "Der Preis eines Wertpapiers ist für mich nur wichtig, bis ich es gekauft habe." Seine Triebfeder sei nämlich mehr Leidenschaft denn mögliche Wertzuwächse. Über die Trends am Markt sagt Weng, es gehe Richtung Qualität. "Es entwickelt sich, wie bei anderen klassischen Sammelgebieten." Bedeutende und teure Sachen würden sich hoher Nachfrage erfreuen, während der breite Markt aus seiner Sicht zurzeit stagniert.

Schätzungen zufolge umfasst die Szene zwischen 5000 und 10.000 Personen. Viele stammen aus Deutschland, aber auch aus Russland und Asien wird mehr Nachfrage von vermögenden Personen registriert, die mehr als nur alte Aktien sammeln wollten. "Es ist ein Umbruch da", erklärt Volker Malik, Vorstand des auf historische Wertpapiere spezialisierten Handelshauses Scripovest. "Die wollen Dinge, die sie auch als Investment nutzen können."

Dass dies möglich ist, belegt ein Index, der sich aus alten Aktien aus verschiedenen Ländern, Branchen und Zeiträumen zusammensetzt. Dem zufolge hat sich der Wert dieser Wertpapiere in den vergangenen fünf Jahren um 25,4 Prozent erhöht. "Aber wie bei jeder anderen Anlage auch muss man natürlich vorsichtig sein und vor einer Investition den Markt analysieren", sagt Malik zur dpa.

Gründeraktie der Arbeiterbank

Beschaulicher geht es am Markt in Österreich zu, der in Wien von der Handelsgesellschaft für historische Wertpapiere betreut wird. Bei der Versteigerung im Dezember sei eine Gründeraktie der Arbeiterbank aus dem Jahr 1922 um mehr als 1200 Euro weggegangen, berichtet Geschäftsführer Heinz Weidinger. Nach zwischenzeitlicher Liquidierung und Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg entstand aus dem Institut übrigens die heutige Bawag PSK.

Am 1. März steht für Weidinger die nächste Versteigerung an, eine Fernauktion, während es beim Historischen Wertpapierhaus erst wieder in einigen Monaten hoch hergehen wird, nämlich am 15. September in Würzburg. Ob Sammler Weng wieder zuschlagen wird, bleibt offen – sein Appetit auf alte Wertpapiere ist aber keineswegs gestillt. "Ich kaufe alles, was sich gut für die Sammlung eignet", sagt er. "Denn besonders neue Dinge zu erwerben ist Teil des Sammelspaßes." (Alexander Hahn, 25.1.2018)