In der Seestadt Aspern sind in den letzten Jahren sechs Baugruppenmodelle entstanden. In Salzburg ist gemeinschaftliches Bauen bisher noch Zukunftsmusik. Im Herbst könnte es ein erstes Projekt geben.

Foto: Robert Newald

Die Salzburger sind beim Bauen noch eher konservativ veranlagt. Ein Einfamilienhaus ist der Klassiker, die Doppelhaushälfte in manchen Regionen eher schon ein Exot. Baugruppenmodelle sind überhaupt noch nicht umgesetzt.

Baugemeinschaften schließen sich zusammen, um gemeinsam ihr Eigenheim zu planen, zu bauen und dann darin zu wohnen. Alle künftigen Nachbarn sind zunächst gemeinsam Bauherren. Die Finanzierungsmodelle reichen von Genossenschaften über eine Baugruppe bis hin zu Investoren.

Bezahlbares Wohnen

"Es ist ein interessantes Modell, das viel zu wenig bekannt ist", sagt Heinz Plöderl, Sektionsvorsitzender der Architekten in der Kammer der Architekten und Ziviltechniker für Oberösterreich und Salzburg. Besonders in den Ortszentren müsse man sich damit auseinandersetzen. "Es bietet die Chance, durch bezahlbares Wohnen den Ort wieder als attraktiven Lebensraum zu entdecken." Gleichzeitig würden gemeinschaftliche Baumodelle in den Ortszentren der Zersiedelung begegnen. "Die Jungen, die noch da sind, könnten durch leistbares Wohnen zum Bleiben motiviert werden."

Um dieses Baumodell bekannter zu machen, haben die Initiative Architektur, die Architektenkammer, die Stadt Salzburg und das Salzburger Institut für Raumordnung eine Ausstellung aus Frankfurt nach Salzburg geholt. Zu sehen sind realisierte Projekte, die als Baugruppenprojekte, von Genossenschaften oder von Wohnbaugesellschaften errichtet wurden. Kuratiert hat die Ausstellung Annette Becker vom Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt.

"Bauen und Wohnen in Gemeinschaft ist ein sehr flexibles und robustes Modell, das sehr zukunftsfähig ist", sagt Becker. Es sei wichtig, verschiedene Akteure anzusprechen. Kommunen und Investoren sollten sich genauso mit gemeinschaftlichem Wohnen beschäftigen wie private Bauherren, Mieter und Architekten. In Deutschland gebe es einige Projekte für gemeinschaftliches Wohnen im Alter. Das deutsche Bundesbauministerium habe gemeinschaftliches Bauen zum Pilotprojekt der nationalen Stadtentwicklung erklärt, sagt die Kuratorin.

Baulandsicherung

"Es gibt in Salzburg Interessierte, aber es scheitert meist an der Verfügbarkeit von Grund und Boden", sagt Heinz Plöderl. Die Gemeinden könnten Steuerungseffekte nutzen. "Es ist auch ein Thema der Baulandsicherung", ergänzt Robert Höllbacher von der Initiative Architektur. Kommunen könnten bei der Vergabe von Grundstücken geeignete Projekte bevorzugen.

Ein weiterer Hebel, um Gemeinschaftsmodelle zu unterstützen, wäre, Vereinen den Zugang zur Wohnbauförderung zu ermöglichen, schlägt Höllbacher vor. Plöderl geht noch einen Schritt weiter und meint, es brauche auch ein Umdenken bei der Finanzwirtschaft. Einfamilienhäuser hätten in den letzten zehn Jahren ein Drittel an Wert verloren, in Gemeinschaftsbauten stecke ein riesiges Potenzial.

Aber auch über Förderinstrumentarien der Gemeinden könnten Impulse geschaffen werden, meint der Vertreter der Architektenkammer. "Die Wohnungswirtschaft ist eine Monokultur, die wir aufbrechen müssen." Wohnbaugenossenschaften sollten sich für Baugruppen öffnen.

Immer mehr Baugruppen

In Wien sind in den letzten Jahren immer mehr Baugruppenprojekte entstanden. Allein in der Seestadt Aspern wurden bereits sechs Häuser verwirklicht, auch am Hauptbahnhof sind aktuell Baugruppenprojekte am Laufen. "Die Bundeshauptstadt ist Spitzenreiter, es gibt aber auch kleine Modelle in Vorarlberg und der Steiermark", sagt Plöderl.

Auch in anderen Bundesländern gebe es bereits Kleinstinitiativen. Große Projekte mit mehr als 20 Mitgliedern seien aber in Österreich dünn gesät.

Gemeinschaftlich geplante Wohnbauten seien ein Ausdruck individueller Lebensentwürfe und der veränderten Familien- und Sozialstrukturen, sagt der städtische Planungschef Andreas Schmidbauer. "Ein Baugruppenmodell verbessert auch die Identifikation mit dem Stadtteil."

Erstes Projekt in Salzburg

In Salzburg gebe es bisher nur "zarte Pflänzchen" in diese Richtung – etwa eine christliche Wohngemeinschaft in Itzling oder ein Versuch des gemeinsamen Wohnens an den Bärgründen. Schmidbauer gibt sich aber hoffnungsfroh, dass im Herbst bei einem großen Bauvorhaben im Süden der Stadt ein Gemeinschaftsmodell umgesetzt werden könne. Der Genossenschaftsbauträger sei mit im Boot. Details wolle er aber noch nicht verraten.

Ziel für Salzburg sei es, in den nächsten fünf Jahren drei Ortszentrenprojekte und eines in der Stadt zu realisieren. "Das wäre ein ernsthafter Erfolg", sagt Schmidbauer. (Stefanie Ruep, 27.1.2018)