Die Bewohner teilen sich zu dritt oder viert ein Zimmer. Jedes Zimmer wurde individuell gestaltet.

Foto: Petra Panna Nagy

Studenten der Technischen Universität Wien (TU Wien) arbeiteten gemeinsam mit den Bewohnern an der Gestaltung der Zimmer und Gemeinschaftsräume.

Foto: Petra Panna Nagy

Wien – Erst 2016 wurde das Wohnprojekt Hawi der Wiener Caritas eröffnet, jetzt soll es schon wieder geschlossen werden. Das integrative Wohnheim im zehnten Wiener Gemeindebezirk versammelt über hundert junge Asylwerber, Studenten und Lehrlinge, die gemeinsam unter einem Dach leben und sich zu dritt oder viert ein Zimmer teilen. Es war das erste seiner Art und für junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren gedacht.

Vor zwei Wochen haben die Bewohner nun erfahren, dass sie ausziehen müssen, da das Hawi geschlossen werden soll. Die Ersten müssen schon Ende Februar das Wohnheim verlassen, der Rest im Sommer. Laut Caritas ist es finanziell nicht mehr tragbar. "Die Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen", sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien, zum STANDARD.

Grund: Sinkende Asylanträge

Man habe in den letzten Tagen intensive Gespräche geführt, sei aber zu dem Schluss gekommen, dass das Hawi nicht mehr weitergeführt werden könne. Zwar sei das Projekt immer auf eine befristete Laufzeit angelegt gewesen – dass man so bald aber schon wieder zusperren müsse, sei nicht geplant gewesen.

Der Grund liege in den sinkenden Asylantragszahlen, die auch weniger Zuweisungen in Quartiere zur Folge hätten, sagt Schwertner. Im Jahr 2014/15 habe man auf Bitte der damaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner etliche Quartiere, insbesondere für minderjährige Flüchtlinge, aufgesperrt. Dass die Asylantragszahlen dermaßen sinken würden, damit habe man schlicht nicht gerechnet – "so wie niemand in Österreich".

Wurden 2016 laut Innenministerium noch 42.000 Asylanträge in Österreich gestellt, waren es im Vorjahr nur mehr 24.000. Das entspricht einem Rückgang von mehr als 42 Prozent. Bereits zehn Quartiere hat die Caritas deshalb in den letzten neun Monaten in Wien und Niederösterreich geschlossen, erzählt Schwertner.

Crowdfunding für private "Hawis"

Finanziert wird das Hawi durch die öffentlichen Förderungen für die zugewiesenen Asylwerber, durch die Miete – sie beträgt zwischen 240 und 260 Euro – und durch Spendengelder. Durch die fehlende Anzahl an Asylwerbern sei es aber nicht mehr vertretbar, an diesem Standort so viel an Spendengeldern aufzuwenden, sagt Schwertner: "Wir müssen hier auch verantwortungsvoll handeln."

Für die Bewohner war das Konzept des Hawi so erfolgreich, dass sie trotz allem für den Erhalt ihres Wohnheims kämpfen wollen: Unter dem Motto "Don’t worry – be hawi" versuchen sie, mittels Crowdfunding Geld zu sammeln. Sie suchen geeignete Häuser und Wohnungen, in denen Studenten weiterhin mit Asylwerbern zusammenleben können.

Für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gibt es laut Caritas bereits Fixplätze in anderen Einrichtungen. "Mit den anderen führen wir Einzelgespräche und versuchen zu unterstützen", sagt Schwertner.

Besonders für die Asylwerber werde es schwer, in der kurzen Zeit eine geeignete Unterkunft zu finden, sagt Bewohnersprecherin Patricia Nigrini. Auch für die Studenten komme es zu einem unpassenden Zeitpunkt: "Wir befinden uns mitten in der Prüfungsphase."

Firmengebäude wurde extra umgebaut

Gerade weil es so gut funktioniere und der Zusammenhalt so stark sei, hätte man sich eine frühere Ankündigung gewünscht, meint Nigrini. "Vielleicht hätten wir dann noch versuchen können, es zu retten." Seitens der Caritas beteuert man, dass die Information über die geplante Schließung direkt nach dem Entschluss weitergeleitet worden sei.

Zwei Stockwerke einer ehemaligen Siemens-Fabrik wurden extra für das Hawi-Projekt umgebaut, eine tragende Rolle spielten dabei Studenten der Technischen Universität Wien (TU Wien), die im Rahmen des hochschulübergreifenden "Home not shelter"-Projekts Ideen und Konzepte für Gänge, Kochstationen und Zimmer entwickelten und diese dann gemeinsam mit den Bewohnern umsetzten. Das Ganze stand unter dem Motto "Gemeinsam leben statt getrennt wohnen". (Vanessa Gaigg, 26.1.2018)