Eine Thrombektomie ist bis zu 16 Stunden nach einem Schlaganfall eine Behandlungsoption. Das haben US-Forscher in einer Studie herausgefunden.

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Vier von fünf Schlaganfällen werden durch ein Blutgerinnsel in einer Hirnarterie ausgelöst. Danach heißt es: "Zeit ist Hirn." Innerhalb von maximal sechs Stunden sollte das Blutgerinnsel entfernt werden, andernfalls würden Patienten nicht mehr von der sogenannten Thrombektomie profitieren. Diese Empfehlung war bislang gültig.

Wissenschafter der Universität Standford führten nun eine Studie zur Behandlung von Schlaganfällen durch. Das Ergebnis: Patienten kann noch bis zu 16 Stunden nach den ersten Anzeichen eines Schlaganfalls mit einer Thrombektomie geholfen werden. "Diese Ergebnisse werden direkte Auswirkungen auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten haben", ist Walter J. Koroshetz, Leiter des US-Instituts für Neurologische Erkrankungen und Schlaganfälle, überzeugt.

Bei der Thrombektomie schiebt der Arzt einen Katheter über die Leistenarterie bis zum arteriellen Verschluss im Gehirn vor. In den Katheter wird ein Stent eingebracht, der sich bei Rückzug des Katheters entfaltet und das Blutgerinnsel festklemmt. Anschließend werden Katheter, Stent und mit ihnen das Blutgerinnsel herausgezogen.

Bisherige Praxis hinterfragen

Die häufigsten Symptome eines Schlaganfalls: Probleme beim Sprechen, halbseitige Lähmung des Gesichts oder Körpers und Koordinationsschwierigkeiten von Armen und Beinen. In der Praxis wird der Beginn des Zeitfensters mit dem Einsetzen der Schlaganfallsymptome angesetzt. Es sei allerdings nicht ungewöhnlich, dass Schlaganfälle in der Nacht auftreten, betonen die US-Forscher. Deshalb werde bei einem Teil der Patienten keine Thrombektomie durchgeführt, da die genaue Uhrzeit, wann der Schlaganfall erfolgte, unbekannt ist.

In einem frühen Stadium – bis zu sechs Stunden nach dem Schlaganfall – versuchen Ärzte das Gerinnsel mit einer Thrombektomie zu entfernen, danach sei das nicht mehr zu empfehlen. Wer erst später behandelt wurde, erhielt Medikamente, die das Entstehen weiterer Gerinnsel unterdrücken.

Weniger Todesfälle

Für die aktuelle Studie, die nun im "New England Journal of Medicine" erschienen ist, wurden 182 Schlaganfallpatienten, die in 38 Krankenhäusern in den USA eingeliefert wurden, nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Den Teilnehmern der ersten Gruppe wurde das Blutgerinnsel zwischen sechs und 16 Stunden nach dem Schlaganfall mit einem Katheter entfernt. Zusätzlich erhielten sie die medikamentöse Standardtherapie. Die zweite Gruppe wurde ausschließlich mit Medikamenten behandelt.

90 Tage nach der Operation waren 45 Prozent der Patienten aus der ersten Gruppe wieder in einer stabilen körperlichen Verfassung. Zudem konnten schwere Folgeschäden deutlich seltener beobachtet werden als in der zweiten Patientengruppe. Die Vermutung der Forscher: Anders als bislang angenommen können unterversorgte Nervenzellen auch viele Stunden nach dem Schlaganfall noch gerettet werden. Auch die Sterberate war unter den Trombektomie-Patienten geringer: Für 14 Prozent der ersten Gruppe endete der Schlaganfall letal, in der zweiten Gruppe waren es 36 Prozent.

Studie wegen Behandlungserfolgen abgebrochen

Die Ergebnisse der Studie waren so eindeutig, dass die Wissenschafter die Untersuchung frühzeitig beendeten, da sie den Patienten aus der zweiten Gruppe die bessere Therapie nicht vorenthalten wollten.

Ähnliche Resultate erbrachte bereits im Jahr 2016 eine Studie des Universitätsklinikums Freiburg. Studienleiter Horst Urbach gab damals bereits folgende Empfehlung: "Für den Erfolg einer Thrombektomie ist weniger die verstrichene Zeit von Bedeutung, sondern vielmehr, wie die Blutzirkulation im Gehirn aussieht." (slxm, gueb, 1.2.2018)