Vor 100 Jahren schrieb Karl Kraus zu Wien:

"Ich verlange von einer Stadt, in der ich leben soll: Asphalt, Straßenspülung, Haustorschlüssel, Luftheizung, Warmwasserleitung. Gemütlich bin ich selbst."

Das mit dem Haustorschlüssel hat sich inzwischen erledigt. Sonst? Wien funktioniert im Kern. Wer je in London ins Krankenhaus musste, in New York über die Schlaglöcher rumpelte oder zu bestimmten Zeiten mit der Pariser Metro fuhr, kann den Unterschied Klavier spielen.

Demnächst haben wir dann einen neuen Bürgermeister (keine neue Bürgermeisterin, schade). Der sollte dann bald klarstellen, dass Wien zwar eh super ist, aber Defizite hat:

Wohnen wird empfindlich teurer, und das kann man vermutlich nicht mit Zwangsbewirtschaftung bekämpfen. Urschiache Hochhausprojekte rücken an den historischen Stadtkern heran.

Eine Stadt lebt nicht nur von Handel und Dienstleistung (der Anteil der Unselbstständigen in Industrie und Gewerbe ist von 40 Prozent Anfang der 1970er-Jahre auf zwölf Prozent heute gesunken).

Unklar ist, wie man mit der hohen Anzahl von Volksschülern mit nichtdeutscher Muttersprache und den daraus entstehenden Problemen umgehen soll.

Ja, und was das öffentliche Auftreten und einen "volksnahen" Stil des neuen Bürgermeisters betrifft: Gemütlich sind wir selbst. (Hans Rauscher, 26.1.2018)