Jubel im Familienkreis: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner verteidigte die absolute Mehrheit im Landtag.

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Bundeskanzler Sebastian Kurz stellte sich als Gratulant ein, beklatscht von Erwin Pröll.

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FPÖ-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache applaudiert seinem in die Kritik geratenen niederösterreichischen Spitzenkandidaten Udo Landbauer (rechts).

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Franz Schnabl hat gut Lachen: Er konnte immerhin etwas mehr als zwei Prozentpunkte zulegen.

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Mit leeren Händen stand Helga Krismer am Ende des Wahltages dann doch nicht da.

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Indra Collini schaffte für die Neos den dritten Einzug in einen Landtag.

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St. Pölten – Die ÖVP hat erfolgreich tiefgestapelt. Absolute Mehrheiten seien heute nicht mehr erreichbar. 45 Prozent wären, so wiederholte es Johanna Mikl-Leitner im Wahlkampf stakkatoartig, bereits ein "sensationelles Ergebnis". Im Cityhotel in St. Pölten, wo sich die niederösterreichischen Schwarzen – Türkis ist dort noch nicht die neue Modefarbe – am Sonntagabend versammelten, war dann aber schnell klar, dass die Landeshauptfrau nur geringfügig schlechter als Vorgänger Erwin Pröll abgeschnitten und mit 49,6 Prozent sogar die absolute Mandatsmehrheit gehalten hat.

"Ich empfinde in dieser Stunde der Freude ganz tiefe Dankbarkeit für den Vertrauensvorschuss, den mir die Landsleute gegeben haben", gab Mikl-Leitner zu Protokoll. Pröll bescheinigte ihr einen "bravourösen" und "fehlerfreien Wahlkampf", ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach von einem "Wahlsieg, der weit über das Erwartbare hinausgeht". Bescheiden gaben sich aber nicht alle bei der ÖVP-Wahlparty. Der Live-Einstieg des ORF bei der SPÖ wurde mit Gelächter begleitet, schon bevor die Leitung aus dem Cityhotel unterbrochen war.

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Letztes Land mit Absoluter

Im ÖVP-internen Ranking bleibt Mikl-Leitner somit klar auf Platz eins – das zweitbeste Ergebnis fuhr zuletzt Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner mit 41,8 Prozent ein. Niederösterreich ist und bleibt aber das einzige Bundesland, in dem die Regierungspartei noch die Absolute innehat (die ist bereits bei etwas weniger als 50 Prozent möglich).

Für die Landesblauen brachte der Wahlsonntag eine gemischte Bilanz. Einerseits konnte man sich im Vergleich zur Wahl 2013 fast verdoppeln, andererseits lag man in den Umfragen bereits bei rund 20 Prozent und verpasste das historisch beste Ergebnis des Jahres 1998 von damals 16,1 Prozent.

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Proporzsystem

Spekuliert wurde daher darüber, welchen Einfluss die jüngste NS-Liederbuchaffäre rund um die Burschenschaft Germania hatte, deren Vizevorsitzender FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer bis vor wenigen Tagen war. Niederösterreichs FPÖ-Landesobmann Walter Rosenkranz ist überzeugt, dass die Affäre massiv geschadet habe.

Landbauer hatte zwar entschieden dementiert, etwas von antisemitischen oder rassistischen Burschenschafterliedern gewusst zu haben, Mikl-Leitner hatte am Tag vor der Wahl allerdings medienwirksam mitgeteilt, eine künftige Zusammenarbeit mit ihm auszuschließen.

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Auch am Sonntag bekräftigte sie: Die Hand zur FPÖ sei ausgestreckt, "mit Udo Landbauer gibt aber es in der Landesregierung keine Zusammenarbeit." In der "ZiB 2" forderte sie, dass die Vorwürfe gegen Landbauer bezüglich der NS-Liederbücher vollkommen aufgeklärt werden. Wegen des Proporzsystems kann die ÖVP freilich keinen Einfluss darauf nehmen, wen die FPÖ nominiert.

Landbauer zögert

Landbauer selbst, der in seiner Heimat Wiener Neustadt das Ergebnis von 10,06 auf 19,93 ausbauen konnte, wollte sich am Sonntag noch nicht festlegen, ob er Landesrat wird. An Mikl-Leitner appellierte er, "zur Vernunft zurückzufinden". Gottfried Waldhäusl, der blaue Klubchef im Landtag, schloss jedenfalls aus, in die Landesregierung zu wechseln. "Ich bleibe Klubobmann." Über alles Weitere will die FPÖ bereits am Montag beraten.

Politische Beobachter hielten es für nicht unwahrscheinlich, dass Landbauer verzichtet, auch wenn die Aussagen von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky nicht unbedingt darauf hindeuteten. "Wir tauschen überhaupt niemanden aus", erklärte er. Landbauer beklagte, die Aufregung um das Liederbuch sei "generalstabsmäßig durchgeplant" gewesen.

"Potenzial ausgeschöpft"

Aufatmen konnten die anderen Parteien. SPÖ-Spitzenkandidat Franz Schnabl gelang es, erstmals nach 15 Jahren wieder ein Plus im Land zu erzielen. Knapp 24 Prozent bedeuten freilich noch immer das zweitschlechteste Ergebnis aller Zeiten. SP-Parteichef Christian Kern konstatierte dennoch einen "Aufwärtstrend". "Die SPÖ hat ihr Potenzial gut ausgeschöpft."

Die Grünen mit Helga Krismer konnten sich nach dem Debakel bei der Nationalratswahl immerhin im Landtag halten. Profitiert hat die Partei sicher davon, dass die Liste Pilz, die im Oktober noch massiv Stimmen abzog, heuer alle vier Landtagswahlen auslässt. Ähnlich wie bei der FPÖ gehörte Niederösterreich aber historisch gesehen nie zu den stärksten Regionen der Grünen. Eingezogen sind sie erst im vierten Anlauf 1998 in den Landtag. Die 8,1 Prozent bei der letzten Wahl 2013 waren bisher das beste Ergebnis.

Neben Krismer werden die "Neulinge" Georg Ecker aus Hollabrunn und Silvia Moser, Gemeinderätin in Zwettl, in den Landtag einziehen. Weil drei statt bisher vier Abgeordnete nur mehr Fraktions- und nicht mehr Klubstärke bedeuten, wird die Partei aber finanzielle Einbußen hinnehmen müssen.

Dritter Landtag für Neos

Die Neos mit der noch wenig bekannten Spitzenkandidatin Indra Collini schafften den Einzug in den dritten Landtag. Bisher sind sie nur in Wien und in Vorarlberg im Landesparlament vertreten. In Niederösterreich sind die Pinken nun die achte Landtagspartei in der Zweiten Republik.

Großartig verändern wird sich das Ergebnis in den kommenden Tagen nicht mehr. Denn in Niederösterreich wird – anders als bei Bundeswahlen – die Briefwahl gleich am Sonntag mitgezählt. Am Dienstag werden nur noch Wahlkarten ausgewertet, die in "fremden" Wahlkreisen ausgegeben wurden. Zur Orientierung: Das waren 2013 nur rund 1500.

Amtlich wird das Endergebnis am Donnerstag mit der Sitzung der Landeswahlbehörde. Binnen vier Wochen kann dann eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof erfolgen. Überlegungen gab es von den Grünen, weil es, wie berichtet, eine unterschiedliche Auslegung der Nebenwohnsitzerregelung durch die Gemeinden gab. (Sebastian Fellner, Karin Riss, Günther Oswald, 28.1.2018)