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Streng bewacht war die Pride Parade im August in Sankt Petersburg. Nun wird rigoros gegen ein homosexuelles Paar vorgegangen.

Foto: Reuters/ANTON VAGANOV

Moskau – Neuer Streit in Russland um gleichgeschlechtliche Partnerschaften: Einem homosexuellen Paar aus Moskau war es gelungen, seine in Dänemark geschlossene Ehe in Russland – zumindest kurzzeitig – registrieren zu lassen. "Wir haben das für unsere gesamte Community gemacht, die gezwungen ist, sich vor der homophoben russischen Gesellschaft zu verstecken", begründete Pawel Stozko die Initiative.

Der 28-jährige Stozko und sein Partner Jewgeni Woizechowski (27) leben seit sechs Jahren zusammen. Stozko arbeitet als Arzt in Moskau, Woizechowski ist Student der Pirogow-Universität für Medizinforschung. "Die ersten drei Jahre in unserer Beziehung wussten wir nicht, dass ich HIV-positiv bin. Als wir es erfahren haben, wurde unsere Beziehung nur noch enger", berichtete Woizechowski.

Familienstatus ohne Probleme geändert

Über Neujahr entschlossen sie sich, ihren Bund zu legalisieren. Und tatsächlich glückte der Coup zunächst ohne größeren Widerstand. Nachdem das Paar in Kopenhagen die Heiratsurkunde bekommen hatte, ließ es die Dokumente ins Russische übersetzen und notariell beglaubigen. Daraufhin wandten sie sich an ein Moskauer Magistrat. Eine Mitarbeiterin habe den Stempel über den neuen Familienstatus in die Pässe gedrückt, "ohne unnötige Fragen zu stellen oder ihre Gesichtsfarbe zu verändern", so Stozko.

Tatsächlich gebe es auch keinen Grund, eine im Ausland geschlossene Ehe zwischen Homosexuellen nicht anzuerkennen, berichtete das Paar bei einem Auftritt im oppositionellen Internet-Fernsehsender TV Rain und verwies auf das Familiengesetzbuch. Tatsächlich werden als Hindernis für eine Eheschließung nur ein nahes Verwandtschafts- oder Adoptionsverhältnis, eine schon bestehende Ehe oder die Unzurechnungsfähigkeit eines Partners aufgeführt.

Entlassung droht

Der Aufschrei danach war gewaltig. Duma-Abgeordnete sprachen von Provokation und forderten notfalls eine Überarbeitung der russischen Gesetze, wenn es solche Lücken gebe. Auch die Behörden reagierten schnell und hart: Das Innenministerium leitete eine interne Untersuchung ein, wer den Passeintrag vorgenommen habe. "Die entsprechende Mitarbeiterin, die die Verletzung der russischen Gesetzgebung zugelassen hat, und ihr direkter Vorgesetzter werden aus dem Innenministerium entlassen", teilte eine Sprecherin mit.

Für Stozko und Woizechowski hat die Angelegenheit ebenfalls ein Nachspiel: "Polizeifahnder haben mein Elternhaus ohne Vollmacht und Begründung durchsucht. Offenbar wollten sie unsere Pässe beschlagnahmen", sagte Stozko. Später kamen Beamte in Zivil auch zu der von den beiden gemieteten Wohnung in der Moskauer Trabantenvorstadt Ljuberzy. Sie hätten erst "sehr lange geklopft" und dann Internet und Strom abgestellt.

"Beschädigung des Passes"

Das Innenministerium hat ein Ordnungsverfahren gegen Stozko und Woizechowski eingeleitet und die beiden auf das Polizeirevier vorgeladen. Sie sollen ihre Pässe abgeben und eine Geldstrafe wegen "Beschädigung des eigenen Passes" zahlen. "Es gab noch keinen Tag in unserem Leben, an dem so viel Hass auf uns eingeprasselt ist. Uns haben Unbekannte und Journalisten beleidigt," klagte Stozko.

Trotzdem will das Paar weiterkämpfen. "Wir haben uns wie gesetzestreue Bürger verhalten, nun beginnen sie ihre eigenen Gesetze zu missachten", sagte Woizechowski. Mithilfe eines Anwalts wollen sie nun vor Gericht wegen Amtsmissbrauchs gegen die Behörde klagen. (André Ballin aus Moskau, 30.1.2018)