Die Quelle des Kutin-Krachs – Panzerglas dient als Instrument.

Foto: Edward Chapon

Wien – Eine der Hauptaufgaben der Kunst ist es zum Beispiel, einer mitten im Raum aufgestellten Glasscheibe nicht etwa auszuweichen. Es geht darum, mitten durch sie durch zu marschieren. Das macht Lärm. Vor allem, wenn es sich um bis auf 300 Meter Meerestiefe kugelsicheres Panzerglas handelt, das man mit Abrissbirne, Brecheisen, Schießgewehr oder Nasenbohrer bearbeitet.

"I love the sound of breaking glass", sang der Brite Nick Lowe 1978 schick-nihilistisch im Umfeld des Punk – und es klirrte zwischendurch im Lied. Der österreichische Klang- und Geräuschkünstler Peter Kutin ist in Knittelfeld aufgewachsen und außermusikalischen Ohrensmog vom dortigen Flughafen, dem Österreichring und der Skigebietszubringerautobahn gewohnt.

Neben seiner heutigen Hauptarbeit als Produzent von Tonspuren für den Film für Regisseure wie Nikolaus Geyrhalter oder das Österreichische Filmarchiv hat sich der Mitdreißiger in den vergangenen Jahren vor allem auch soundarchitektonisch als Arrangeur von Field-Recordings im internationalen Festivalzirkus einen Namen gemacht. Nach Geräuschquellen wie der chilenischen Atacama-Wüste ist aktuell Panzerglas an der Reihe.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Kindlinger geht es auf dem aktuellen Album Decomposition IV ausschließlich um der Zerstörungswut verpflichtetem Lärm, der entsteht, wenn man kugelsicheres Glas zerstören will. Das Ganze wird gesampelt und rhythmisch angeordnet. Freunde von Ö3 (und Ö1) würden es nicht immer als Musik bezeichnen. Die Ergebnisse können sich bei entsprechend frecher Lautstärke allerdings mehr als hören lassen. (Christian Schachinger, 30.1.2018)