Meint bescheiden, gar nichts Besonderes für die selbstverständliche Erinnerungsarbeit geleistet zu haben: Bundespräsident Van der Bellen.

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Wien – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat – ohne Namen zu nennen – erneut Stellung in der Causa Landbauer bezogen. Trotz großer Fortschritte in der jüngeren Geschichte Österreichs sei "der Prozess der Aufarbeitung" des Holocausts "noch immer nicht abgeschlossen". Das habe man "in den letzten Tagen mit, ich würde sagen, Ingrimm erfahren müssen", sagte der Bundespräsident am Dienstag.

Ein "mentsh", der Werte vertritt

Anlass für die Äußerung war die Verleihung der "Statue der Erinnerung" im Beisein von Holocaust-Überlebenden durch das Internationale Auschwitz Komitee an Van der Bellen. Die Auszeichnung wurde dem Bundespräsidenten für sein Engagement für Demokratie und Menschenrechte verliehen. Der Journalist und Auschwitz-Überlebende Marian Turski lobte Van der Bellen in seiner Festrede als einen "mentsh" (Jiddisch), als jemanden, der wahrhaft "menschliche Werte" vertrete. "'Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen'" habe der Bundespräsident einmal gesagt, so Turski. Van der Bellen sei "einer von denen", die Widerstand gegen Anzeichen von Antisemitismus und Rassismus leisten würden.

Der Bundespräsident nahm die Auszeichnung mit "tiefer Dankbarkeit, Demut und Freude" entgegen. Er zeigte sich aber auch "überrascht", denn er sei sich nicht bewusst gewesen, "etwas Besonderes geleistet zu haben".

Selbstverständliches Eintreten

Das Eintreten dafür, dass sich Geschichte nicht wiederhole, sei für ihn eine "Selbstverständlichkeit". Negativen Entwicklungen im Bereich von Grund- und Freiheitsrechten müsse "rechtzeitig" und "mit Bestimmtheit" entgegengetreten werden, das sei seine "feste Überzeugung". Österreich habe hier eine spezielle Verantwortung, die man sich im Gedenkjahr 2018 in besonderer Weise in Erinnerung rufen müsse.

Van der Bellen wies aber auch darauf hin, dass in den letzten Jahrzehnten ein "grundlegender Wandel" in der österreichischen Gesellschaft stattgefunden habe. Österreich sei heute "eine gereifte, starke Demokratie", die "viel, wenn auch noch nicht alles, aus den Fehlern der Vergangenheit" gelernt habe. Im Umgang mit dem Nationalsozialismus habe es große Fortschritte gegeben, etwa die Einrichtung des Nationalfonds 1995. Van der Bellen machte aber auch auf die Gefahr aufmerksam, die mit dem Fernerrücken der Geschichte einhergehe. Wenn "die Erinnerung verblasst, dann verblasst auch das Verständnis dafür, wie dünn die Decke der Zivilisation sein kann", so Van der Bellen, der die Bedeutung der Gedenkarbeit für die junge Generation hervorhob.

In einer Reihe mit dem Papst

Seit 2010 verleiht das Internationale Auschwitz Komitee die "Statue der Erinnerung" an Persönlichkeiten, die sich "für die Verteidigung der Menschenrechte sowie gegen Intoleranz und Antisemitismus einsetzen" – darunter Papst Franziskus, der frühere UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, der verstorbene Präsident Israels, Shimon Peres, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der britische Thronfolger Prinz Charles.

Das Internationale Auschwitz-Komitee wurde 1952 von Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau gegründet. Ziel ist es, die Interessen von Opfern und Hinterbliebenen zu vertreten sowie die Erinnerung an den Holocaust zu bewahren. In Auschwitz (Oswiecim) im von Nazideutschland besetzten Polen kamen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft mehr als 1,1 Millionen Menschen ums Leben. (APA, 30.1.2018)