Aufpassen, dass der Staat nicht unterwandert wird, fordert SPÖ-Chef Kern.

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Wien – SPÖ-Chef Christian Kern fordert angesichts der Causa Landbauer um das NS-verherrlichende Liederbuch der Wiener Neustädter Burschenschaft Germania die dringende Wiedereinführung des Rechtsextremismus-Berichts. Im Nationalen Sicherheitsrat am Dienstagabend will Kern wissen, warum derart "verfassungsfeindliche Umtriebe" so lange möglich waren. Außerdem hat die SPÖ Fragen zum Wanzenfund im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Vermeidung von weiterem Schaden

Man könne zwar froh sein, dass die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eine Zusammenarbeit mit dem freiheitlichen Spitzenkandidaten und früheren Vizevorsitzenden der Germania, Udo Landbauer, ausgeschlossen habe, meinte Kern am Dienstag – von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vermisst er aber klare Worte. Dass sich Landbauer aus der Politik zurückziehen solle, sei "eine Empfehlung, die man der FPÖ geben muss, um weiteren Schaden am Ansehen des Landes zu vermeiden".

Die SPÖ ließ wegen der Causa jedenfalls den Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt einberufen – ein vertrauliches Beratungsgremium der Regierung in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, in dem auch die parlamentarische Opposition vertreten ist.

Verfassungsfeindliche Umtriebe

Den Vorwurf der Schlagzeilenpolitik weist Kern zurück: Der Sicherheitsrat sei "absolut" das richtige Gremium, denn es gehe um die Frage, wie "verfassungsfeindliche Umtriebe" so lange möglich seien konnten und welche Konsequenzen es gebe. "Jetzt zur Tagesordnung übergehen kann nicht sein." Man müsse "aufpassen, dass der Staat nicht unterwandert wird von solchen Leuten", erinnerte Kern daran, dass in den blauen Ministerkabinetten einige Burschenschafter sitzen.

Dass das Liederbuch ein Einzelfall sei, "da fehlt mir in Wahrheit der Glaube", meinte Kern. "Was passiert denn eigentlich bei den anderen Burschenschaften? Wann wird es zur Überprüfung der anderen Burschenschaften kommen?", will Kern wissen. Von der Regierung fordert er, den Rechtsextremismus-Bericht wiederaufleben zu lassen. Einen solchen hat es bis zum Jahr 2002 gegeben, seit der Abschaffung durch Schwarz-Blau sind die Entwicklungen über die rechtsextreme Szene im Verfassungsschutz-Bericht enthalten. Eine Wiedereinführung könnte den "Verdacht entkräften, am rechten Auge blind zu sein", findet Kern.

Kickl erscheint Kern nicht objektiv

In das Büro von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat der SPÖ-Chef diesbezüglich jedenfalls kein Vertrauen, sitzen dort doch Burschenschafter, und diese seien "nicht in der Lage, objektiv die Szene zu überwachen".

Verdächtig erscheint Kern auch der Wanzenfund im Strache-Büro, der vergangene Woche bekannt wurde. Auch dazu will die SPÖ im Nationalen Sicherheitsrat Fragen stellen. Es sei "völlig ungeklärt, was genau passiert ist". Kern fragt sich etwa, wie es möglich sei, dass so etwas tage- oder wochenlang unter Verschluss bleibe und warum nicht sofort Anzeige erstattet wurde. "Entweder ist das verschleppt worden, oder es hat so nicht stattgefunden – beides ist inakzeptabel."

Noch keine Informationen zum Wanzenfund

Bis zum heutigen Tage gebe es dazu keine klare Stellungnahme der Regierung, ärgert sich Kern. Zudem sei die Vorgängerregierung – konkret er als vormaliger Kanzler und Thomas Drozda als Straches Bürovorgänger – bis jetzt nicht offiziell über den Wanzenfund informiert worden. "Der ganze Vorgang strotzt vor Ungereimtheiten", betonte Kern.

In seiner Kanzlerzeit habe das Heeresabwehramt sein Büro überprüft, sagte Kern. Es sei immer alles in Ordnung gewesen. Er habe sich aus Vorsicht persönlich darum gekümmert – verantwortlich für einen funktionierenden Objektschutz sei eigentlich das Innenministerium. (APA, 30.1.2018)