Barcelona/Madrid – Tausende Demonstranten sind in Barcelona zur Unterstützung des katalanischen Unabhängigkeitsanführers Carles Puigdemont auf die Straße gegangen. Die Demonstranten, einige von ihnen mit Puigdemont-Masken, versammelten sich am Dienstag vor dem Regionalparlament in der katalanischen Hauptstadt. "Puigdemont ist unser Präsident", sagte ein 72-jähriger Rentner. "Das Volk hat seinen Anführer ausgewählt."

Das Parlament in Barcelona hätte den im Brüsseler Exil lebenden Puigdemont am Dienstag zum Regionalpräsidenten wählen sollen. Parlamentspräsident Roger Torrent verschob die Sitzung aber kurzfristig. Eine Wahl Puigdemonts müsse mit "allen Garantien" für den im Oktober von Madrid abgesetzten und mit spanischem Haftbefehl gesuchten Regionalpräsidenten erfolgen, sagte Torrent.

Festnahme bei Rückkehr

Das spanische Verfassungsgericht hatte am Samstag geurteilt, dass Puigdemont für eine Wahl persönlich im Regionalparlament erscheinen müsse. Bei einer Rückkehr nach Spanien droht dem 55-Jährigen aber eine Festnahme wegen Aufruhr, Rebellion und Unterschlagung öffentlicher Mittel im Zusammenhang mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der Region.

Parlamentspräsident Torrent gehört der Partei Republikanische Linke Kataloniens (ERC) an, die für eine Unabhängigkeit der Region eintritt. Bei den beiden anderen Parteien im Lager der Unabhängigkeitsbefürworter stieß seine Entscheidung zur Verschiebung der Parlamentssitzung auf scharfe Kritik.

Puigdemonts Bündnis Gemeinsam für Katalonien (JxCat) erklärte, die Entscheidung sei ohne Absprache getroffen worden. Auch seien weder das Bündnis noch Puigdemont selbst im Voraus über Torrents Schritt informiert worden. Bündnissprecherin Elsa Artadi forderte, dass die Sitzung noch am Dienstag abgehalten werden müsse: "Wir sind hier, wir werden den ganzen Nachmittag hier sein, wir werden so lange hier sein wie nötig."

Der Sprecher der Linkspartei Kandidatur der Volkseinheit (CUP), Carlos Riera, bezeichnete die Verschiebung der Sitzung als "schweren politischen Fehler". "Wir sind überhaupt nicht mit der Verschiebung einverstanden", sagte Riera. "Es muss eine neue Runde von Mobilisierungen und zivilem Ungehorsam beginnen." (APA, 30.1.2018)