Ein Sujet aus der aktuellen FM4-Kampagne.

Foto: FM4

Wien – Der "Falter" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über ein mögliches Ende des ORF-Jugendsenders FM4. Chefredakteur Florian Klenk liege eine "vertrauliche Information" vor, wonach am Freitag im ORF ein Lenkungsausschuss zum Thema Einbau von Studios am Küniglberg für FM4 und Umsiedlung des Senders einberufen wurde und dort die Maßnahmen infrage gestellt worden seien, weil die Regierung die Einstellung von FM4 für 2019 vorsehe. Als Begründung sei eine "Nichterfüllung des Bildungsauftrags" angegeben worden. Sowohl ÖVP als auch FPÖ weisen das "Gerücht" zurück und verneinen, dass es Pläne für ein Aus von FM4 gebe.

ORF-Radiodirektorin Monika Eigensperger, ORF-Manager Pius Strobl und ORF-Sprecher Martin Biedermann dementieren laut Klenk die Pläne. Norbert Steger, er sitzt für die FPÖ im ORF-Stiftungsrat, verweist auf die geplante ORF-Enquete im Frühjahr und auf das Regierungsprogramm: "Im Regierungsprogramm steht, dass wir keine Sender privatisieren. Eine Einstellung von Sendern ist rein theoretisch denkbar".

Steger: ORF-Geschäftsführung auf dem Prüfstand

Auch im Gespräch mit dem STANDARD verweist Steger auf die Enquete im Frühjahr und verneint, dass eine Einstellung von FM4 derzeit Thema sei. Bei der Enquete werde es aber auch um die Frage gehen, wie der öffentlich-rechtliche Auftrag definiert werde und welche Sender ihn erfüllten. Und überhaupt: Nicht ein einzelner Stiftungsrat könne über die ORF-Senderflotte entscheiden, sondern nur die Geschäftsführung und eine Mehrheit im Stiftungsrat. Auf dem Prüfstand stehe die ORF-Geschäftsführung. Sie müsse erklären, wie es mit dem 300 Millionen Euro teuren Umbau des ORF weitergehe.

Anlass für den Ausschuss am Freitag war nach STANDARD-Infos eine Rechnungshofprüfung zum Umbau am Küniglberg. Radiodirektorin Monika Eigensperger war nach STANDARD-Infos bei dieser Sitzung nicht dabei. Gegen das kolportierte Ende von FM4 wurde am Mittwochvormittag von "Reporter ohne Grenzen" gemeinsam mit #aufstehn die Online-Petition "Rettet Fm4" gestartet.

ORF: Keine Diskussion über Aus

Zum STANDARD sagt Eigensperger: "Im ORF gibt es keine Diskussionen zu einem Aus von FM4. FM4 ist ein überaus essenzieller Teil der ORF-Radios, die die erfolgreichsten am europäischen Markt sind. FM4 bereichert unser Angebotsspektrum ganz wesentlich durch seine Auseinandersetzung mit österreichischer Musik und Kultur. Dadurch ist FM4 auch ein Sprungbrett für die junge österreichische Kreativszene, was auch international stark wahrgenommen wird."

Transparenzbestimmungen

FM4 ist mit seiner kritischen Grundhaltung jedenfalls nicht der Lieblingssender der FPÖ. Ihr neuer Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein greift seit Tagen regelmäßig den ORF und seine Berichterstattung mit Aussendungen samt Rücktrittsforderungen an. Montag schloss Jenewein in seine Kritik an Social-Media-Aussagen von ORF-Mitarbeitern einen Post auf dem FM4-Instagram-Account ein, der von der Freitagsdemo das Transparent "Kurz = Furz" zeigte. Das Regierungsprogramm kündigt "Verschärfung der Transparenzbestimmungen zur Sicherung einer objektiven und unabhängigen Berichterstattung" an.

Jenwein und ÖVP: Aus für FM4 kein Thema

Auf STANDARD-Anfrage sagt FPÖ-Mediensprecher Jenewein, dass er "Gerüchte" zwar nicht kommentieren wolle, in Bezug auf FM4 versichert er aber, dass eine mögliche Einstellung derzeit kein Thema sei und auch nicht am Tapet der Regierungsverhandlungen stand.

Aus dem Kabinett von Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) heißt es: "Wir wollen uns nicht mit Gerüchten ohne Grundlage beschäftigen, sondern mit medienpolitischen Inhalten." Daher sei man "in Vorbereitung einer Medienenquete, um einen echten medienpolitischen Diskurs in Österreich zu starten", sagt Blümels Sprecherin Iris Müller-Guttenbrunn.

Auch für Thomas Zach, Sprecher der bürgerlichen Stiftungsrät, sei FM4 kein Thema.

Frage der Programmierung

Der ÖVP zuzurechnende ORF-Stiftungsräte hinterfragten in den vergangenen Jahren mehrfach die Programmierung von FM4 – das doch als deklarierter Jugendsender die ORF-Radioflotte besser gegen das jünger als Ö3 und viel breiter als FM4 programmierte Kronehit absichern könnte. Das allerdings würde den öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag – den das "Falter"-Zitat ins Treffen führt – nicht unbedingt besser erfüllen. Laut jüngstem Radiotest erreichte FM4 zuletzt eine Tagesreichweite von 5,1 Prozent beim Publikum von 14 bis 49 Jahren.

FPÖ-Stiftungsrat Steger wiederum erklärte am Rande der Dezember-Sitzung, dass das Regierungsprogramm nur versichere, dass keine Sender verkauft würden; das garantiere aber nicht die Beibehaltung aller bestehenden Sender.

Nicht ausgeschlossen, dass diese Gemengelage am Freitag in der Sitzung zum ORF-Standort die im ORF recht ausgeprägte Neigung zu scherzhaftem Galgenhumor weckte – und einer der Sitzungsteilnehmer blödelte: Für FM4 braucht man eh kein Studio mehr, das dreht die Regierung eh ab.

Gerangel um Frequenzen

Ernsthafter wird auf den Führungsebenen des Küniglbergs darüber spekuliert, die bisher von FM4 bespielten Frequenzen könnten als Dankeschön für Boulevardmedien vorgesehen sein, etwa für den Mediaprint-Sender Kronehit oder die Mediengruppe Österreich, die sich für 2018 ein österreichweites Radio Ö24 vorgenommen hat (sie sammelt derzeit allerdings Privatradiolizenzen).

Nach STANDARD-Informationen wird der "Plan B" für das ORF-Zentrum einen Standort für FM4 auf dem Küniglberg innerhalb der bestehenden Gebäudestruktur enthalten. Über den "Plan B" – ORF-Zentrum ohne großen Zubau für Programmmitarbeiter, aber mit den Radiosendern auf dem Küniglberg – soll der Stiftungsrat am 22. März abstimmen. (fid, omark, ae, 31.1.2018)