Es geht bergauf mit Crowdinvesting in Österreich, der Schwarm setzt besonders auf den Immobilienbereich.

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Wien – Trotz des enormen Wachstums von Crowdinvesting steckt die Branche in Österreich noch in den Kinderschuhen. Insgesamt 28,8 Millionen Euro hat der Anlegerschwarm im Vorjahr auf diese Weise laut dem Vergleichsportal Crowdcircus.com investiert, das sind 47 Prozent mehr als 2016. Damit ist das Potenzial dieser Anlageform noch nicht ausgeschöpft, sagt Geschäftsführer Sebastian Scholda. Allerdings müssen Branche und Investoren seiner Ansicht nach in Österreich noch reifen.

"Es ist noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten, bis Crowdinvesting als vollwertig anerkannte Finanzierungsform in den Köpfen der Leute angekommen ist", betont Scholda. Anleger müssten positive wie negative Erfahrungen sammeln – und lernen, dass es bei Start-ups etliche Ausfälle gebe. Grundsätzlich sei eine hohe Nachfrage nach schwarmfinanzierten Projekten vorhanden, aber es stelle sich die Frage, ob das Angebot damit Schritt halten könne. Es bestehe die Gefahr, dass sich Crowdinvesting-Plattformen gegenseitig unterbieten könnten, um an Projekte zu gelangen.

Auf kurze Sicht erwartet Scholda daher noch keine Konsolidierung bei den Anbietern. Mittelfristig werde sich der Fokus aber von Quantität hinsichtlich des Volumens zu Qualität verschieben, wenn deutlich mehr Projekte abgeschlossen seien und man die Ausfallsraten ermitteln könne. "In zwei, drei Jahren wird sich zeigen, wer die besten Produkte anbietet. Das wird das entscheidende Kriterium sein", sagt der Crowdcircus-Chef über die zu erwartende Konsolidierung bei den Plattformen.

Dass zunehmend auch Firmen aus dem KMU-Bereich auf Crowdinvesting zurückgreifen, empfindet Scholda als "Win-win-Situation": Bei diesen sollte es weniger Ausfälle als bei Start-ups geben, zudem könnten namhafte Unternehmen das Branchenimage aufpolieren. Auf Immobilienprojekte, welche die einsteigerfreundlichste Variante von Schwarmfinanzierungen seien, entfiel im Vorjahr fast die Hälfte des Volumens.


In der Branche gibt es laut Scholda dennoch Verbesserungspotenzial: etwa eine direkte Branchenvertretung oder einheitliche Standardverträge – dass jede Plattform mit eigenen Verträgen arbeitet, empfindet er als "riesige Hürde". Auch vermisst er einen Sekundärmarkt, wo Crowdinvesting-Anteile während der Laufzeit wie Aktien an der Börse gehandelt werden. "Ich kann mir vorstellen, dass ein zentrales Portal wie bei uns eine ideale Anlaufstelle dafür wäre", bringt Scholda seine Firma in Stellung – allerdings gebe es zuvor rechtlich einiges zu klären.

Auf der deutschen Plattform Bergfürst wurde bereits ein Sekundärhandel etabliert, im Vorjahr wurden laut Vorstand Guido Sandler auf diese Weise mehr als 1000 Transaktionen abgewickelt. "Wir sehen, dass unsere Neukunden auf der einen Seite in neue Projekte investieren und gleichzeitig am Sekundärmarkt zukaufen, um ein Portfolio aufzubauen." Für einen funktionierenden Handel müsse es auch verpflichtende Quartalsberichte und Ad-hoc-Mitteilungen für die Projektbetreiber geben, betont Sandler, denn: "Wir können die Anleger ja nicht im Blindflug angeln lassen."

(Alexander Hahn, 1.2.2018)