FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer wird nicht in die niederösterreichische Landesregierung einziehen.

Foto: Christian Fischer

Wien / St. Pölten – Am Ende war der Druck zu groß: Neun Tage nachdem antisemitische und NS-verherrlichende Texte in der Burschenschaft Udo Landbauers durch den Falter öffentlich gemacht wurden, legt der FPÖ-Spitzenkandidat für die niederösterreichische Landtagswahl alle Funktionen zurück. Landbauer wird also sein Landtagsmandat nicht annehmen, als Stadtrat in Wiener Neustadt zurücktreten und die Parteimitgliedschaft bei der FPÖ ruhend stellen.

Beitrag der "ZiB" um 13 Uhr.
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Er nehme mit seinem Rückzug "vor allem meine Familie aus der Schusslinie", die unter der "Medienhatz" gelitten habe – Landbauer spricht von einem "Belagerungszustand" seines Hauses in Wiener Neustadt, angesichts dessen seine Freundin über den Gartenzaun habe flüchten müssen.

Ob der bisherige Landtagsabgeordnete tatsächlich wie geplant in die Landesregierung einzieht, war aber spätestens seit Samstag ohnehin fraglich: Da verkündete Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), sie werde mit Landbauer in der Regierung nicht zusammenarbeiten. Noch Anfang der Woche hieß es allerdings aus der FPÖ, der Spitzenkandidat solle stattdessen Klubchef werden.

Für Heinz-Christian Strache, FPÖ-Chef und Vizekanzler, blieb Landbauer aber in jeder politischen Funktion eine Belastung – bemüht er sich doch angesichts der neuen Rolle der Freiheitlichen als Regierungspartei öffentlich um eine Abgrenzung von Antisemitismus und NS-Gedankengut. Auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), international wegen der rechten Koalition unter Beobachtung, legte seinem Regierungspartner klare Konsequenzen nahe. Er begrüßte den Schritt am Donnerstag ebenso wie Mikl-Leitner.

Doktrin der Landeshauptfrau

Schließlich befreit Landbauers Rückzug auch die ÖVP aus einer Zwickmühle. Mikl-Leitner hatte ja erklärt, Landbauer würde in einer so hohen politischen Funktion dem Ansehen des Landes schaden, mit ihm sei nicht zusammenzuarbeiten. Wieso das für sein Regierungsamt in Wiener Neustadt unter Bürgermeister und ÖVP-Landtagsklubchef Klaus Schneeberger nicht gelten soll, konnten die Schwarzen nie schlüssig erklären. Auch dass Landbauer alternativ als Chef des blauen Landtagsklubs im Gespräch war, war mit der Mikl-Leitner-Doktrin schwer vereinbar. Die Landeshauptfrau ist in Gesprächen nach der Wahl für den kompletten Rückzug Landbauers eingetreten.

SPÖ, Grüne und Neos begrüßten den Rücktritt, wenngleich er zu spät erfolgt sei.

Wie lange Udo Landbauer tatsächlich von der politischen Bildfläche verschwunden bleibt, ist völlig unklar: FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky bezeichnete den Rücktritt als "mutigen Schritt eines untadeligen und aufrechten Politikers, der unwissend und unschuldig Opfer einer politischen und medialen Hetze wurde". Gleichzeitig stehe aber das "Angebot der völligen politischen Rehabilitierung, sobald alles aufgeklärt ist und Landbauer seine Unschuld dokumentiert hat". Die Erklärung, wann "alles aufgeklärt" und Landbauers "Unschuld dokumentiert" ist, bleibt Vilimsky schuldig.

Personalnot im blauen Klub

Der aktuelle Klubchef, Gottfried Waldhäusl, übernimmt nun stattdessen den Posten in der Landesregierung – auch wenn er noch am Sonntag erklärte, nicht zur Verfügung zu stehen.

Das bringt Niederösterreichs Freiheitliche in eine veritable Personalnot: Landbauer und Waldhäusl waren die einzigen Politiker mit Führungserfahrung im Klub. Landesparteichef Walter Rosenkranz wurde nach der Nationalratswahl von der Parteiführung nach Wien geholt.

Nach Landbauer und Waldhäusl steht auf dem dritten Platz der Landesliste Vesna Schuster, eine Quereinsteigerin ohne jegliche Erfahrung. Wer Obmann wird, sei noch nicht entschieden, heißt es aus dem Klub.

Kritik an SPÖ-Abgeordnetem

Eine Rücktrittsaufforderung handelte sich nun auch der rote Nationalratsabgeordnete Peter Wittmann ein, berichtet der "Kurier". Von ihm ist ein Foto aus dem Jahr 1994 aufgetaucht, als er Bürgermeister in Wiener Neustadt war: Da posierte er mit Burschenschaftern im Wichs und mit einem Gedenkstein. Wittmann bezeichnet das auf STANDARD-Anfrage als konstruierte Geschichte: "Was ist schändlich daran, dass ich einen Gedenkstein übernehme?" Nationalratskollege Hans Rädler (ÖVP) forderte ihn zum Rücktritt auf. (Sebastian Fellner, 1.2.2018)