Was der Wiener Wirtschaftskammer vorschwebt: ein Busterminal am Verteilerkreis Favoriten, wo Anbindung zur Autobahn und zu den öffentlichen Verkehrsmitteln besteht.

Foto: WK Wien/sam architects

Die Kosten für den umfangreichen Neubau inklusive Warteräumen, Cafés, Lebensmittelgeschäften, Sanitäreinrichtungen und Parkplätzen für Autos und Busse schätzt die Wirtschaftskammer auf 50 Millionen Euro. Etwa 800 Arbeitsplätze sollen entstehen.

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Wien – Dass Handlungsbedarf besteht, ist den meisten Akteuren klar: Beim größten Busbahnhof Österreichs, dem von Blaguss betriebenen Vienna International Busterminal (VIB) in Wien-Landstraße, werden mittlerweile 200 Busse pro Tag und 2,5 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt – 2015 waren es noch 1,8 Millionen. "Der Fernbus hat sich definitiv als Verkehrsmittel etabliert und wird noch weitere Zielgruppen ansprechen, die Entwicklung der Passagierzahlen der letzten Jahre beweisen diese Fakten", sagt VIB-Betreiber Thomas Blaguss. Mittelfristig werde man an seine Grenzen stoßen. Ähnlich ist die Lage beim Stadion und am Hauptbahnhof, wo ebenfalls Fernbusse starten und ankommen.

So weit, so bekannt – denn dass Wien einen zentralen Terminal braucht, wurde erstmals im Sommer 2014 von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) in Aussicht gestellt.

Wirtschaftskammer will nach Favoriten

Die Wiener Wirtschaftskammer ist am Donnerstag mit einem konkreten Vorschlag inklusive Planung vorgeprescht – und zwar am Standort Verteilerkreis in Favoriten. Davor Sertic, Obmann der Sparte Transport und Verkehr, betont, dass mit diesem Standort die Interessen der Fahrgäste, der Unternehmer, der Anrainer und des Terminalbetreibers am besten berücksichtigt würden.

Die Kosten für den umfangreichen Neubau inklusive Warteräumen, Cafés, Lebensmittelgeschäften, Sanitäreinrichtungen und Parkplätzen für Autos und Busse schätzt die Kammer auf 50 Millionen Euro – zur Finanzierung habe man bereits Gespräche mit interessierten Investoren geführt. "Wir können uns auch eine gemeinsame Finanzierung mit der Stadt im Rahmen einer Public-Private-Partnership vorstellen", sagt Sertic. Am neuen Standort sollen dann 300 Busse pro Tag abgefertigt werden können.

Bezirk gegen Bahnhofspläne

Was an sich gut klingt, hat aber einen entschiedenen Gegner: den Bezirk. Erst vor wenigen Tagen wurde bei einer Bürgerversammlung wieder deutlich, dass alle Bezirksparteien und viele Favoritner gegen einen Busbahnhof sind. Sertic hat dafür Verständnis: "Wahrscheinlich würde sich kein Bezirk über einen Terminal freuen." Man müsse aber die positiven Aspekte für die Bewohner des Bezirks sehen: Die Wirtschaftskammer rechnet mit 800 neuen Arbeitsplätzen, dazu kämen eine Wertschöpfung von rund 60 Millionen Euro und natürlich viele Einkaufsmöglichkeiten. Außerdem müsse ein Busbahnhof nicht zwangsläufig ein Schandfleck sein, sondern könne auch Architekturpreise gewinnen wie jener in Hamburg.

Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) beeindruckt das allerdings wenig: "Der Vorschlag der Wirtschaftskammer ist für die Anrainer kein Gewinn. Ein Café und ein Souvenirladen sind keine Bereicherung."

Stadt prüft neuen Standort beim Hauptbahnhof

Während in der Wirtschaftskammer Renderings für den neuen Busbahnhof in Favoriten präsentiert wurden, gab Verkehrsstadträtin Vassilakou bekannt, dass die Stadt nun einen neuen Standort prüfe. Zwar favorisiere man noch immer den Verteilerkreis, weil dort eine direkte Anbindung an Autobahn und die U-Bahn bestehe. Der Widerstand aus Favoriten sorgt aber dafür, dass Experten nun evaluieren, ob die Waldmanngründe beim Hauptbahnhof infrage kommen. Für den dortigen Busbahnhof ist die ÖBB zuständig, bis 2020 will sie ihn weiterführen und das Grundstück dann verkaufen.

Die Wirtschaftskammer ist von einer neuerlichen Standortsuche nicht überzeugt, weil man endlich handeln müsse. Die Waldmanngründe seien außerdem keine gute Wahl, "weil der Verkehr so über den Gürtel mitten durch die Stadt gezogen wird", sagt Sertic. Umweltverträglicher sei der Verteilerkreis. Eine zusätzliche Verkehrsbelastung auf der Südosttangente würde der Standort nicht bedeuten, weil jetzt schon viele Fernbusse auf der Autobahn unterwegs seien.

Erfreut darüber, dass sich wieder etwas tut beim Thema Busterminal, ist VIB-Betreiber Blaguss: "Die Stadt Wien hat vor einiger Zeit richtig erkannt, dass Handlungsbedarf besteht. Ich bin sehr froh, dass nun Bewegung in die Sache kommt und die Pläne für einen neuen Busterminal in Wien konkreter werden." (Lara Hagen, 1.2.2018)