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Für Pleitegeier gab es in den letzten Wochen in Österreich reichlich Nahrung.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Alles eitel Wonne an der Konjunkturfront: Die Unternehmen produzieren auf Hochdruck, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Konsumenten lassen die Kassen in den Geschäften klingeln. Doch plötzlich kommen laute Querschüsse von der Insolvenzfront. Erst Niki, am Mittwoch dann Forstinger und Svoboda, am Donnerstag klopfte auch noch die Wienwert-Muttergesellschaft beim Insolvenzrichter an.

Rollt da eine Pleitewelle an, die das Wachstum ertränken könnte? Oder handelt es sich bei den strauchelnden Unternehmen um Einzelfälle, die eher zufällig vom Pleitegeier attackiert wurden?

Wenig Gemeinsamkeiten

Eines vorweg: Die aktuellen Insolvenzen haben wenig bis gar keine Gemeinsamkeiten, ein Trend lässt sich nicht erkennen. Man bedenke nur das Niki-Schicksal, das ja eng mit dem der einstigen Mutter Air Berlin verknüpft ist. Die deutsche Airline setzte im August zur Bruchlandung an, dass ihr die Österreich-Tochter folgte, hängt mit dem Einspruch der EU-Kommission gegen die Übernahme durch Lufthansa zusammen.

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Verdankt den Zuschlag bei Niki auch der Pleite der Airline: Niki Lauda.
Foto: Reuters/Leonhard Foeger

Ohne die Brüsseler Intervention zur Verhinderung einer zu großen Marktkonzentration wäre Niki vermutlich nicht insolvent geworden. Forstinger erlebt seit Jahrzehnten eine Berg-und-Talfahrt, kämpft mit den steigenden Elektronikbauteilen in Autos und ständigen Eigentümerwechseln. Svoboda wiederum ist kein Einzelfall in der Büromöbelbranche unter Druck, Hali und Bene hatten ebenfalls mit massiven Problemen zu kämpfen.

Alte Probleme

Die WW-Holding, Muttergesellschaft des Bauträgers Wienwert, stellt überhaupt ein Spezifikum dar. Schon die 2016er-Bilanz weist ein üppiges Eigenkapital auf, allerdings mit negativem Vorzeichen. Der Abschluss konnte nur dank positiver Fortführungsprognose testiert werden, die noch dazu von erheblichen Unsicherheiten begleitet war, wie der Wirtschaftsprüfer anmerkte. Kurzum: Niki und WW-Holding sind nur formal Pleiten des Jahres 2018. Wirtschaftlich sind sie schon länger brustschwach.

Die Mutter von Wienwert ist insolvent.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Jetzt alle Schieflagen als Zufall abzutun wäre allerdings auch zu kurz gegriffen, gibt es doch einen recht gut dokumentierten Zusammenhang, der auf den ersten Blick paradox erscheint: Geht's mit der Wirtschaft bergauf, häufen sich die Pleiten. Das hängt zum Teil mit den Banken zusammen, die in schlechten Phasen durchhalten.

Spreu und Weizen

Doch wenn der Aufschwung da ist, die Unternehmen aber weiterhin lahmen, ziehen die Geldinstitute die Notbremse. Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband 1870 (KSV) erklärt das Verhalten damit, dass die Financiers in Phasen konjunktureller Erholung viel besser entscheiden können, wer kreditwürdig ist. Für sie trennt sich die Spreu vom Weizen.

Das ist auch der Grund, warum die Gläubigerschützer heuer wieder mit einem Anstieg der Pleiten rechnen. Allerdings von einem tiefen Niveau. Seit Jahren sind die Pleiten – trotz schwacher Konjunktur bis 2017 – rückläufig. Im Vorjahr wurde mit etwas mehr als 5000 Firmeninsolvenzen der tiefste Stand seit 20 Jahren erreicht.

Hans-Georg Kantner rechnet mit einem Anstieg der Insolvenzen.
Foto: APA/Robert Jäger

Auch die offenen Schulden der gestrandeten Firmen gingen laufend zurück, im Vorjahr kam es sogar zu einer Halbierung auf zwei Milliarden Euro. Bei den Passiva hatte es 2013 wegen der Megapleite der Alpine einen ordentlichen Ausreißer nach oben gegeben.

Neue Sorgen

Kantner erwartet zwar keinen Pleitetsunami, rechnet aber doch mit einem Plus der Insolvenzen in der Gegend von fünf Prozent im laufenden Jahr. Der KSV-Mann warnt, dass verschuldete Unternehmen die steigenden Zinsen zu spüren bekommen werden. Ein Punkt, der möglicherweise stark unterschätzt wird. Sollten die Zinsen in relative kurzer Zeit auf zwei bis drei Prozent steigen, könnte die Luft für zahlreiche Firmen dünn werden. Die Gegenbewegung würde dann nach Jahren der Entspannung umso heftiger ausfallen. (Andreas Schnauder, 2.2.2018)