Martin Schulz und Angela Merkel besprechen an diesem Wochenende die letzten offenen Punkte auf dem Weg zur GroKo.

Foto: APA / AFP/ John MacDougall

Es soll, nach vielen Gesprächen, der vorerst letzte Kraftakt sein. An diesem Wochenende wollen die Verhandler von Union und SPD die große Koalition in trockene Tücher bringen. Allerdings sind zur Sicherheit in Berlin auch noch einige Hotelzimmer bis zum Dienstag reserviert – falls doch noch mehr Gespräche nötig sind als geplant.

"Wir haben noch eine Menge an Verhandlungsbedarf und werden hart verhandeln. Wir stehen unter keinem Zeitdruck", verkündete SPD-Chef Martin Schulz vor der letzten Runde. Auch Kanzlerin Angela Merkel räumte ein, dass es nach wie vor eine "Reihe ernster Dissenspunkte" gebe.

So war am Freitagnachmittag noch keine Einigung in der Gesundheitspolitik in Sicht. Die SPD war mit dem Anspruch angetreten, Arzthonorare für Kassen- und Privatpatienten anzugleichen. Eine Bürgerversicherung hatte sie nicht durchgebracht. Ebenfalls bis zum Schluss umstritten war die sogenannte "sachgrundlose" Befristung von Arbeitsverträgen. Diese abzuschaffen ist seit Jahren ein Anliegen der SPD.

In der Schlussphase geht es nun nicht mehr "nur" um die Inhalte, sondern auch um Posten. Offiziell gibt es dazu natürlich noch keine Informationen. Doch es sickert so mancher Wunsch durch, und einer davon könnte in der SPD für ziemlichen Zoff sorgen.

Der "Spiegel" hat den geschäftsführenden Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) gefragt, ob er eigentlich sein Amt behalten wolle.

"Eine sehr große Ehre"

Dessen Antwort: "In solchen international verwirrenden Zeiten seinem Land als Außenminister dienen zu können, ist natürlich ungeheuer spannend und auch eine sehr große Ehre. Und es wäre ja seltsam, wenn man das nicht gerne weitermachen würde."

Das darf durchaus als Kampfansage an Schulz verstanden werden. Der nämlich strebt ebenfalls an die Spitze des Außenamtes und soll gegenüber mehreren Mitgliedern der SPD-Spitze bereits erklärt haben, dass er nicht bereit sei, auf einen Posten im Kabinett zu verzichten. Nach der Wahl allerdings hatte Schulz jedoch zunächst verkündet, er werde sicher nicht unter Merkel Minister.

Gabriel und Schulz galten einmal als dicke Freunde in der SPD. Doch mittlerweile ist das Verhältnis angespannt. Schulz ist von Gabriels vielen Wortmeldungen genervt, Gabriel wiederum findet, Schulz habe die Chance zum SPD-Wahlsieg komplett verspielt und lässt ihn das spüren.

Für beide wäre im Kabinett natürlich Platz, wenn die SPD bei der Postenverteilung gut abräumt – Gabriel bliebe Außenminister, Schulz nimmt die Finanzen. Doch da wird die Union nicht mitmachen. Merkel, so ist zu hören, will ihren Vertrauten, Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), an der Spitze des Prestigeressorts belassen. Er führt das Finanzministerium kommissarisch seit Wolfgang Schäuble (CDU) im Oktober zum Präsidenten des Bundestages gewählt worden ist.

Signale des Aufbruchs

Ungern aufgeben möchte die Union auch das Innenressort, hier könnte Thomas de Maizière (CDU) bleiben. Eigentlich hatte die CSU Ansprüche angemeldet, aber es ist ihr nun nicht mehr so wichtig, da eine Obergrenze für Flüchtlinge ja schon festgelegt wurde (180.000 bis 220.000 pro Jahr).

CSU-Chef Horst Seehofer soll mit dem Arbeits- und Sozialministerium liebäugeln. Das Problem dabei: Er ist weder weiblich noch ein frisches Gesicht. Merkel aber braucht Signale des Aufbruchs. Daher wird Annette Widmann-Mauz (51), derzeit Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, immer wieder als Ministerin genannt. Auch das Verkehrsressort könnte eine Frau übernehmen: die CSU-Politikerin Dorothee Bär.

Apropos Verkehr: Union und SPD haben sich bereits auf eine aufwendigere Motornachrüstung auch von älteren Dieseln verständigt. Zudem soll die Umstellung auf Elektroautos beschleunigt werden. Auch in anderen Bereichen gibt es schon Konsens. So soll das Rentenniveau (Verhältnis zum Lohn) bis 2025 nicht unter 48 Prozent fallen und der Beitragssatz für die Pensionsversicherung nicht über 20 Prozent steigen. Selbstständige sollen zur Altersvorsorge verpflichtet werden.

Zudem plant die Koalition mehr Geld für Pflege ein, sei es für neues Personal oder in Form von besserer Unterstützung für pflegende Angehörige. Doch man darf nicht vergessen: Auch wenn es nun eine finale Einigung gibt, es müssen dem Gesamtpaket noch rund 440.000 SPD-Mitglieder zustimmen. Dann erst ist GroKo. (Birgit Baumann aus Berlin, 2.2.2018)