Waris Dirie – hier im Hintergrund mit dem niederösterreichischen Altlandeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und seiner Frau – geht mit Kanzler Sebastian Kurz zum Opernball.

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Mit ihrem großen Anliegen, dem Kampf gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien (Female Genital Mutilation, FGM), setzt sich Waris Dirie für ein Menschenrecht ein: jenes auf einen unversehrten Körper, der selbstgewählte Sexualität und Lust zulässt.

Sie führt diesen Kampf als Betroffene, die in ihrem Geburtsland Somalia im Alter von fünf Jahren selbst beschnitten worden und mit 14 Jahren vor einer Zwangsverheiratung geflohen ist: erst in die Hauptstadt Mogadischu, dann nach London. Das mag Waris Diries intensives Engagement ebenso erklären, wie es vielleicht auch ein Schlaglicht auf ihre besondere Angreifbarkeit und Verletzlichkeit wirft.

Erfolgreiche Frau

Am kommenden Donnerstag wird die Tochter einer ostafrikanischen Nomadenfamilie Bundeskanzler Sebastian Kurz auf den Opernball begleiten. Dann wird dort in der Ehrenloge eine höchst erfolgreiche Frau sitzen: ein internationales Topmodel, ehemalige Uno-Botschafterin gegen FGM und Gründerin der Desert Flower Foundation, welche gegen diese Praxis ankämpft.

Auf deren Homepage ist zum Beispiel zu lesen, dass weltweit alle elf Sekunden ein Mädchen beschnitten wird. Jedes dritte Mädchen stirbt durch diesen Eingriff. Laut dem UN-Kinderhilfswerk Unicef, das am 6. Februar weltweit den FGM-Nulltoleranztag begeht, ist die weibliche Genitalverstümmelung in weit mehr Ländern verbreitet als bisher angenommen. Diries Kampf ist hochaktuell.

Schwere Alkoholprobleme

Doch im Leben der 2005 in Österreich Eingebürgerten gibt es auch eine andere Seite. In einem ihrer Bücher schrieb Dirie vom "Teufel", der versucht habe, von ihr Besitz zu ergreifen: Die heute wahrscheinlich 52-Jährige – ihr genaues Geburtsdatum kennt sie wie viele Menschen aus Somalia nicht – hatte jahrelang schwere Alkoholprobleme.

Diese gingen mit psychischen Zusammenbrüchen einher, die der Öffentlichkeit nicht verborgen blieben und für manche Häme sorgten. Etwa als sie 2008 auf dem Weg zu einer EU-Konferenz über Frauenrechte in Brüssel verschwand und erst drei Tage später in verwirrtem Zustand gefunden wurde. Sie sei durch die Stadt geirrt, rassistisch beschimpft und aus Polizeikommissariaten geworfen worden, erzählte sie. In den Jahren davor hatte sie immer wieder betont, es nirgends länger als ein paar Tage auszuhalten. Inzwischen, so heißt es, ist die unfreiwillige Nomadin endlich zur Ruhe gekommen. (Irene Brickner, 4.2.2018)