Dominik Oberhofer will mit den Neos am 25. Februar erstmals in den Tiroler Landtag einziehen.

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STANDARD: Mitbewerber wie die Liste Fritz positionieren sich schon im Wahlkampf als Oppositionspartei, Grüne und FPÖ biedern sich der ÖVP bereits als Juniorpartner an. Welche Rolle streben die Neos an?

Oberhofer: Wir sind für beides offen. Wobei ich sagen muss, mir gefällt die bisherige Oppositionspolitik in Tirol nicht. Dieses reflexartige Skandalisieren ist kein politischer Stil. Denn Opposition bedeutet auch Verantwortung und verlangt konstruktiven Umgang miteinander. Wenn eine Regierungsbeteiligung möglich ist, sind wir dafür offen und werden das prüfen. Wie realistisch das ist, lasse ich aber vorerst dahingestellt. Unser Potenzial liegt heute bei sieben, acht Prozent.

STANDARD: Wie würden Sie Oppositionspolitik anders gestalten?

Oberhofer: Wir wollen mitgestalten. Als Liberale haben wir ein sehr gutes Netzwerk in Europa. Im Rat stellen wir gleich viele Mitglieder wie die EVP, im Parlament sind wir drittstärkste Kraft. Themen wie Verkehr wird man nicht in Wien, sondern in Brüssel lösen. Die slowenische Verkehrskommissarin Violeta Bulc ist zum Beispiel Liberale. Diese Netzwerke stellen wir zur Verfügung. Denn wir wissen genau, dass Lobbyieren in Brüssel keine leichte Aufgabe ist. Schließlich hat ganz Europa im Grunde nur ein einziges Ansinnen: möglichst schnell und billig durch Tirol zu fahren.

STANDARD: Verkehr ist eines der großen Themen in Tirol. Welche Ideen haben die Neos dazu?

Oberhofer: Bei der Abschaffung des Dieselprivilegs, der Korridormaut sowie der Blockabfertigung sind wir ganz nah bei den Grünen. Das wären die richtigen Schritte, um den Transit einzudämmen. Anders als die Grünen sind wir aber nicht der Meinung, dass der Verkehr abnehmen wird. Im Gegenteil, er wird zunehmen. Da sind sich alle Fachleute in Europa einig. Er wird aber zugleich auch grüner, ökologischer und dank technischer Innovation genauer.

STANDARD: Sie gehen also nicht davon aus, dass man den Transitverkehr reduzieren können wird, wie das die anderen Parteien fordern?

Oberhofer: Nein, er wird wachsen. Langfristig ist der Brennerbasistunnel die einzige Lösung, um den Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Doch der wird erst 2026 fertig. Die drei großen mit dem Transit verbundenen Probleme sind die Umweltbelastung, Verkehrssicherheit und der Lärm. Um die in den Griff zu bekommen, schlagen wir eine Öffnung des Pannenstreifens als dritte Autobahnspur und eine Erhöhung des Tempolimits auf 110 km/h für Pkws vor. Denn das würden den Verkehr flüssiger machen und somit auch die Umweltbelastung senken. Dank neuer Technologien wie der automatischen Spurassistenz wäre das gefahrlos möglich.

STANDARD: Was schwebt Ihnen zum Thema Bildung für Tirol vor?

Oberhofer: Das beginnt für uns bei der Elementarpädagogik, die Bildung ist und nicht, wie im konservativen Tiroler Weltbild nach wie vor verankert, eine Abgabestelle für Kinder berufstätiger Frauen. Der zweite große Punkt ist die Gesamtschule, bei der Tirol mit Landeshauptmann Günther Platter als eine Art Speerspitze gestartet ist, was uns sehr gut gefallen hat. Aber das ist mittlerweile alles eingeschlafen. Das würden wir als Oppositionskraft oder Regierungspartner wieder pushen. Denn hier ist regional viel mehr möglich, wie die Modellregion Zillertal gezeigt hat.

STANDARD: Neben Verkehr und Bildung ist der Wirtschaftsstandort Tirol Ihr drittes großes Thema. Woran krankt dieser?

Oberhofer: Nehmen wir das Beispiel Digitalisierung. Ich habe ein Hotel im Stubaital. Wenn bei mir acht Gäste zugleich netflixen, ist das Internet weg. Dann geht gar nichts mehr. Jetzt kann ich natürlich im Haus Streamingdienste abschalten, aber das fühlt sich nicht nach 2018 an. Also als Landeshauptmann einerseits die Digitalisierung zu propagieren und nach neuen Start-ups zu verlangen, aber zugleich die einfachsten Voraussetzungen wie den Ausbau der Glasfaserkabel nicht zu bewerkstelligen, ist ein Wahnsinn.

STANDARD: Sie kritisieren als Hotelier Tirols Tourismuspolitik. Was läuft dort falsch?

Oberhofer: Man muss hier zuerst einmal entbürokratisieren. Die Abteilung Tourismus im Landhaus stiftet beispielsweise null Nutzen. Oder die Tirol Werbung, die mit einem Wahnsinnsbudget von 20 Millionen Euro ausgestattet ist und unmittelbar dem Landeshauptmann untersteht – das ist völliger Blödsinn. Dazu haben wir ganz konkrete Pläne: Wir haben gute Regionen und Marken in Tirol, die in puncto Tirol Werbung Mitspracherecht haben sollten.

STANDARD: Was ist mit kriselnden Regionen wie dem Pitztal?

Oberhofer: Der Wintertourismus wird sich unweigerlich verändern. Alles unter 2000 Meter Seehöhe hat langfristig keine Zukunft. Daher sind wir für sinnvolle Zusammenschlüsse. Wir brauchen ein international konkurrenzfähiges großes Gletscherskigebiet. Das ist für mich auf lange Sicht der Zusammenschluss von Stubaier, Pitztaler, Ötztaler und Kaunertaler Gletscher. Im Gegenzug dazu muss man natürlich überlegen, in welchen Regionen es nicht mehr sinnvoll ist, defizitäre Liftanlagen aufrechtzuerhalten. Es darf kein einziger Cent Steuergeld mehr in die Förderung von Liften fließen. Warum, das sieht man am Patscherkofel. Es gibt Regionen, die wir touristisch intensiv nützen müssen, und eben umgekehrt Regionen, in denen wir andere Möglichkeiten forcieren müssen. (Steffen Arora, 5.2.2018)