Deckel und Band der Wiener Akademischen Burschenschaft Libertas.

Foto: Christian Fischer

Burschenschafter, das sind die Bösen. Rechtsextreme, deutschtümelnde Männer mit Schmissen im Gesicht, die Verbindungen ein Hort von Antisemitismus und Rassismus. Kaum eine positive Schlagzeile wird im Zusammenhang mit diesem Umfeld produziert – ganz im Gegenteil. Antisemitische Liedtexte führten erst vor kurzem zur Verfahrenseinleitung der Auflösung der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt. Und aktuell berichtet der "Falter" von einem weiteren Liederbuch mit antisemitischem Liedgut, diesmal der pflichtschlagenden Burschenschaft Bruna Sudetia.

Es fällt sehr leicht, dagegen zu sein, zu rückwärtsgewandt die Ausrichtung, zu verstörend die Einblicke und Nachrichten, die man als Außenstehender von Zeit zu Zeit aus dem Inneren der traditionell recht verschwiegenen Bünde bekommt. Und doch betrifft das Thema bei einigen den innersten Lebensbereich. Wird man in eine Familie geboren, in der alle männlichen Mitglieder seit Generationen ein und derselben Burschenschaft angehören, fällt es schon schwerer zu pauschalisieren. Ist es der geliebte Vater, der sich in regelmäßigen Abständen das schwarz-rot-gold gestreifte Band umlegt und den sogenannten Deckel aufsetzt, um auf eine "Kneipe" in der angestammten "Bude" zu gehen, befindet man sich früher oder später in einem unmöglichen Zwiespalt.

Julkneipe, Festkommers, Anekdoten über längst vergangene Mensuren sind einem nicht fremd. Auch die mit dunklem Holz vertäfelte Bude kennt man von zahlreichen Besuchen. Bei so manchen Sonnwendfeiern stand man im Kreis der seit frühester Kindheit bekannten großteils Alten Herren ums Feuer. Und doch, früher oder später kommt der Moment, da schwindet die distanzlose Akzeptanz der Kindheit und schafft Raum für hitzige Diskussionen, Desillusion und Zweifel an der Integrität der Menschen, die man doch eigentlich so gut kennt. Wie bringt man die eigenen Grundsätze und die familiäre Verbundenheit zum Burschenschaftermilieu unter einen Hut? Wie erklärt man es anderen, wie sich selbst?

Der Blick in die Bude

Andere wiederum haben selbst als kurzzeitiges Mitglied, als Fuchs oder einfach nur als Besucher persönliche Eindrücke sammeln können. Auch im STANDARD-Forum teilen manche ihre Erfahrungen:

Nicht alle Studentenbünde sind schlagende Verbindungen. Bei manchen, etwa den katholischen CV-Verbindungen, dienen die Säbel rein dekorativen Zwecken, Mensuren werden nicht gefochten. User "Perry Rhodan #1" hat sich sein eigenes Bild davon gemacht:

Burschenschaften: Ihre Geschichten

Gibt es auch in Ihrem familiären Umfeld oder Freundes- und Bekanntenkreis Burschenschaftsmitglieder? Wie gehen Sie mit der Diskrepanz zu Ihren eigenen Grundsätzen um? Welche Erfahrungen haben Sie selbst gesammelt? (red, 21.2.2018)