Wien – Kunst und Leben zusammenzuführen, die Menschen ins Schöne einzuhüllen war ein erklärtes Ziel des Jugendstils. Von daher ist sich Digitalkünstler Frederick Baker (geb. 1965) ziemlich sicher, dass Gustav Klimt von der Virtual-Reality-Technologie (VR) begeistert gewesen wäre. Und besonders freilich von der Installation Klimt's Magic Garden, die Baker anlässlich des Klimt-Jubiläums im Museum für angewandte Kunst (Mak) zeigt: Wer sich die VR-Brille aufsetzt, findet sich mitten in Klimts Bildwelt wieder.
Besetzt mit golden schimmernden Ornamenten ist der Boden jener hügeligen Landschaft; ringsum ragen spiralförmig-verschnörkelte Bäume über einem auf. Dreiecksmuster fließen als Wasserfälle herab, irgendwann steht man in einem Regen aus Augen und Kringeln. Inspiriert ist der horrend kitschige, aber erlebenswerte Trip von Klimts Fries für das Brüsseler Palais Stoclet. Baker hat Versatzstücke zu einer zwischen Postapokalypse und Alice im Wunderland (nach Art von Tim Burton) vermittelnden Fantasie zusammengefügt.
"Ego-Flaneur statt Ego-Shooter"
Auch die Narration – "Erwartung und Erfüllung" – ist an Klimt angelehnt. Der Weg, den Betrachter durch die virtuelle Welt nehmen, ist aber offen. Dies veranlasst Baker und Mak-Direktor Christoph Thun-Hohenstein, über Nonlinearität, neue Werkbegriffe und ungewohnte Sichtweisen auf Klimts Original zu philosophieren, die Bakers wohldurchdachte Arbeit gewiss ermöglicht. Sie fußt nicht zuletzt auf langjährigen Forschungen des Künstlers zu alternativen Erzählweisen in der VR.
Man macht aber auch keinen Hehl daraus, was Klimt's Magic Garden zuvörderst ist und vielleicht auch sein muss: der Versuch, eine die Zukunft mutmaßlich mitbestimmende Technologie einem breiten Publikum möglichst niedrigschwellig nahezubringen, sie als Kunstform zu etablieren. Dies ist der Grund, warum Baker sich darum bemüht, Computerspielklischees zu durchbrechen: "Ego-Flaneur statt Ego-Shooter", so umreißt er seinen Ansatz, der mehr auf alternative Verwendungsweisen und weniger auf den schnellen Rausch zielt. (Roman Gerold, 5.2.2018)