Die Kulisse muss reichen: Salzburg habe es gar nicht notwendig, sich um den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2024 zu bewerben, befindet die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder.

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Salzburg – Zu spät, zu teuer, und überhaupt sei man ja schon Hauptstadt der Kultur: Die Mehrheit der Salzburger Stadtpolitik ist sich so einig wie selten zuvor – eine Bewerbung Salzburgs um den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2024 komme nicht infrage. Im Rahmen einer Gemeinderatssitzung am Mittwoch wurde das von einer kleinen Gruppe Kulturschaffender getragene Ansinnen offiziell zu Grabe getragen.

Sieht man von den Grünen – in der Stadt Salzburg heißen diese Bürgerliste – ab, will sich im Gemeinderat niemand überhaupt mit dem Thema Kulturhauptstadt befassen. Die ÖVP sagt sinngemäß, Salzburg sei ohnehin schon Hauptstadt der Kultur und habe daher eine Bewerbung nicht notwendig. Für die SPÖ, die die Debatte noch unter Ex-Bürgermeister Heinz Schaden nach Kräften torpediert hat, kommt das Ansinnen plötzlich viel zu spät, und die Freiheitlichen wollen mit zeitgenössischer Kultur eher nichts zu tun haben. Und alle sagen: "Zu teuer."

Kritik an "niveauloser" Debatte

Allein Bürgerliste und der Dachverband Salzburger Kulturstätten halten dagegen. Man solle sich zumindest der Debatte stellen, sagt Bürgerlisten-Kultursprecher Bernhard Carl. Der Dachverband der Kulturstätten wiederum kritisiert die Niveaulosigkeit der Debatte. Man müsse die "demokratisch legitimierte Mehrheit" gegen das Projekt Kulturhauptstadt zur Kenntnis nehmen, eine inhaltliche Auseinandersetzung hätte sich das Ansinnen aber schon verdient, heißt es in einer Stellungnahme des Dachverbands.

Dass die Salzburger so eine Debatte überhaupt führen konnten, liegt am Kalender der Kulturhauptstädte. Nach Graz (2003) und Linz (2009) wird Österreich im Jahr 2024 zum dritten Mal eine der beiden Kulturhauptstädte Europas stellen. Im Rennen sind noch Vorarlberg mit den Städten Dornbirn, Hohenems und Feldkirch (Bregenz hat abgesagt), die niederösterreichische Hauptstadt St. Pölten, die Region Salzkammergut mit Bad Ischl sowie die Region Obersteiermark mit Murau und Judenburg. Das oberösterreichische Gmunden hat am Mittwoch – wie Salzburg – abgesagt. Die Ausschreibung für die Kulturhauptstadt 2024 läuft noch bis Ende 2018.

Billigtourismus

Erhellend war in diesem Zusammenhang auch der nach der Debatte um die Kulturhauptstadt folgende Tagesordnungspunkt der Gemeinderatssitzung vom Mittwoch: Wie geht man mit den jährlich rund 50.000 Reisebussen um, die in Summe mehr als neun Millionen Tagestouristen in die Stadt Salzburg bringen?

Die Debatte war nicht bestimmt von der Frage, ob Quantität und Qualität dieser Art von Tourismus für die Bewohner der Landeshauptstadt noch verträglich seien. Vielmehr soll es nun ein Online-Buchungssystem für Busse geben, damit zumindest die Hälfte davon einen Parkplatz außerhalb der Altstadt im Nonntal ansteuert. Hauptargument im Gemeinderat: Dort gebe es zumindest eine Toilette für die Touristen. Die Billigtourismusschiene an sich stellte niemand infrage. (Thomas Neuhold, 7. Februar 2018)