Tokio – Ein gutes Dutzend Gattungen aus der Familie der Laufkäfer trägt die Bezeichnung Bombardierkäfer. Den Namen verdanken sie ihrem einzigartigen Verteidigungssystem: Die kleinwüchsigen Insekten tragen hochreaktive Chemikalien in säuberlich voneinander getrennten Depots im Körper. Im Fall einer Bedrohung bringen sie diese zusammen mit Enzymen, die als Katalysator fungieren, in der körpereigenen Explosionskammer zur Reaktion.

Das Ergebnis ist ein etwa 100 Grad heißes, ätzendes Gasgemisch, das mit hohem Druck ausgestoßen wird und dabei einen für das winzige Tier beachtlich lauten Knall erzeugt. Da das Hinterteil der Käfer sehr beweglich ist, verfügen sie damit gewissermaßen über eine schwenkbare Kanone, die Feinde – von anderen Insekten bis zu Amphibien – in die Flucht schlägt.

Eine Käfermahlzeit erweist sich als unverdaulich.
Guardian News

Im Fachjournal "Biology Letters" berichten japanische Forscher nun, dass diese spezielle Waffe nicht nur zur vorbeugenden Abwehr effektiv ist. Sie kann auch dann noch ihren Zweck erfüllen, wenn der schlimmste Fall bereits eingetreten ist und der Käfer gefressen wurde. Hat er das Verschlucktwerden überlebt, kann er sich mit seinem explosiven Furz immer noch befreien.

Das Team um Shinji Sugiura und Takuya Sato von der Universität Kobe studierte die Bombardierkäfer-Art Pheropsophus jessoensis. "Diese Art von Käfer ist in Japan schon seit 100 Jahren bekannt, man wusste jedoch bisher nicht, gegen welchen Feind die chemische Selbstverteidigung wirksam ist", sagte Sugiura. Im Labor fanden er und sein Kollege heraus, dass sich der Käfer damit hervorragend gegen Amphibien zur Wehr setzen kann: die Krötenarten Bufo torrenticola und Bufo japonicus, nahe Verwandte der bei uns vorkommenden Erdkröte.

Überlebensgroßes, aber recht naturgetreues Modell eines Bombardierkäfers als Wasserspeier. Normalerweise kommt aus einem solchen Hinterteil eine wesentlich weniger harmlose Flüssigkeit.
Foto: APA/dpa

Diesen Kröten setzten die Forscher nun ihre Versuchskäfer aus ... oder umgekehrt, wenn man das Ergebnis bedenkt: Zwar hätten laut den Forschern während der Experimente alle Kröten die Käfer verschlungen. 43 Prozent von ihnen würgten ihre Beute aber nach einer Zeit von zwölf bis 107 Minuten wieder aus – die ausgestoßene Chemikalie habe die Kröten dazu gezwungen, sich zu erbrechen. Und sämtliche erbrochenen Käfer seien putzmunter wieder herausgekommen.

Mitentscheidend für eine erfolgreiche Flucht der Bombardierkäfer sei aber das Größenverhältnis zwischen Jäger und Beutetier, so die Forscher. Große Käfer hätten häufiger die Fressattacke überstanden als kleine. Gleichzeitig würgten kleine Kröten die Käfer häufiger aus als große Kröten.

So rabiat dieses Verteidigungssystem auch scheint – nahe Verwandte aus der Laufkäfergattung Epomis gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie machen Jagd auf Frösche, Kröten und andere Amphibien, ein seltener Fall von Umkehrung des Jäger-Beute-Verhältnisses zwischen Insekten und Amphibien. Chemikalien brauchen die Käfer dafür nicht: Sie packen die wesentlich größeren Wirbeltiere mit ihren Kieferwerkzeugen, lähmen sie durch strategisch platzierte Einschnitte in die Beckenregion und fressen sie anschließend auf. (jdo, APA, 7. 2. 2018)

Gruselbilder: Ein Käfer kehrt das übliche Jäger-Beute-Verhältnis um.
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