Für 2018 sind bereits 17 Frontex-Charterflüge von Wien aus avisiert (Symbolbild).

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Grafik: DER STANDARD

Abgelehnte Asylwerber sollen "konsequent rückgeführt", die "Effizienz" bei Außerlandesbringungen soll insgesamt gesteigert werden. So ist im Ende 2017 erstellten Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ zu lesen.

Aber abgesehen von Großquartierplänen, um im Verfahren direkteren Zugriff auf die Menschen zu haben, ist im Innenministerium nicht zu erfahren, welche Neuerungen geplant sind, um besagte Ziele zu erreichen. "Das Regierungsprogramm wird Schritt für Schritt umgesetzt, und die dazu nötigen Maßnahmen werden kommuniziert, sobald sie im Detail erarbeitet sind", ließ der Sprecher von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), Alexander Höferl, den STANDARD per Mail wissen.

Auskünfte der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache (Frontex) künden hingegen schon jetzt von ehrgeizigen österreichischen Rückführungsplänen für das laufende Jahr. "Zum aktuellen Zeitpunkt" habe Wien für 2018 bereits 17 Frontex-Charterflüge avisiert, "in den Kosovo, nach Albanien, Nigeria, Georgien, Armenien, Russland, Serbien, Mazedonien, in die Ukraine, nach Bosnien, in die Republik Moldau, nach Pakistan und Ghana", heißt es in einer Antwortmail der in Warschau ansässigen EU-Agentur von 1. Februar. "Vier Operationen" habe Österreich 2018 bereits im Jänner durchgeführt. Eine davon ging am 23. Jänner nach Russland. Mit an Bord befand sich die tschetschenische Familie Tikaev, deren Abschiebung in den Tagen davor für Kritik gesorgt hatte.

Mehr Abschiebedestinationen

Schon zu Jahresbeginn 2018 peilt Wien damit mehr Destinationen als im Gesamtjahr 2017 an. 2017 gingen auf österreichische Initiative Frontex-Flüge "in den Kosovo, nach Nigeria, Georgien, Armenien, Russland, Serbien, Mazedonien, in die Ukraine, nach Pakistan und Gambia".

Insgesamt waren das 35 Flüge, mit denen 532 Menschen weggebracht wurden – nicht nur weil sie abgeschoben wurden, sondern auch im Rahmen "freiwilliger Rückkehr", wird bei Frontex betont. Weitere 48 Flüge organisierte Österreich 2017 auf eigene Faust: Laut der im heurigen Jänner präsentierten Jahresstatistik des österreichischen Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) starteten in dem Jahr in Österreich 83 Rückkehrcharter.

Der Anteil an Menschen, die als "freiwillige Rückkehrer" in den Maschinen saßen, hatte dabei im Vergleich zu 2016 abgenommen, jener von Personen, die dies – wie die Tikaevs – unfreiwillig taten, stark zugelegt (siehe Grafik).

Afghanistan-Flüge ohne Frontex

Insgesamt sind die von Frontex koordinierten Rückkehrflüge für abgelehnte Asylwerber aus österreichischer Sicht nur ein zusätzlicher Weg, um Ausländer ohne Aufenthaltsrecht wegzubringen. Die europaweit umstrittenen Abschiebeflüge in das von Terroranschlägen heimgesuchte Afghanistan etwa finden laut Frontex-Auskunft ohne Beteiligung der EU-Agentur statt. Das Gleiche gilt für Rückschiebungen innerhalb der EU laut Dublin-Verordnung.

Doch die Frontex-Rückkehrschiene ist attraktiv: Die Kosten für die – auf Initiative eines oder mehrerer Mitgliedstaaten organisierten – "Operationen" werden den Staaten seit 2016 zu hundert Prozent ersetzt. In diesem Jahr etwa bekam Österreich 4.127.177,50 Euro zurück.

Steigerung von hohem Niveau aus

Österreich hat die von Frontex angebotenen Rückführungsmöglichkeiten bereits früh genutzt. 2009 gingen von 30 damals über die EU-Agentur abgewickelten Flügen elf von Wien aus. Bis heute organisiert Wien überdurchschnittlich viele Frontex-Flüge. 2015, 2016 und 2017 waren es laut Info aus Warschau 68 von 639 "Operationen" – mehr als zehn Prozent.

Zusammen mit den national organisierten Rückkehrmaßnahmen zeigt das: Die von Türkis-Blau angekündigte Rückführungs-"Konsequenz" meint Steigerungen von einem ohnehin beachtlichen Niveau aus. (Irene Brickner, 8.2.2018)