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Vanessa Herzog startet kommende Woche in ihre zweiten Olympischen Spiele.

Foto: AP Photo/Jens Meyer

Pyeongchang/Wien – Im Leben der Vanessa Herzog hat sich in den vergangenen vier Jahren viel geändert. Sie schloss die Schule ab. Sie wechselte ihren Trainer. Sie ging aus Trainingszwecken in die Niederlande, sie verließ die Niederlande wieder. Sie heiratete, sie übersiedelte von Tirol nach Kärnten. Eines aber hat sich nicht geändert. Wann immer DER STANDARD in den vergangenen vier Jahren mit Vanessa Herzog, die früher Bittner hieß, sprach, wollte sie über eine Sache nicht reden: Medaillen. "Ich rede nicht so gern über Medaillen", sagte sie vor den Olympischen Spielen in Pyeongchang, sagte sie vor den Spielen in Sotschi.

2014 kam die damals 18-Jährige tatsächlich noch nicht für Medaillen infrage. Aber wann immer Personen aus ihrem Umfeld über die Möglichkeiten der Innsbruckerin sprachen, dann fiel ein Wort: Pyeongchang. In Pyeongchang könnte sie reif für Medaillen sein. Jetzt ist Pyeongchang. Herzog ist reif für Medaillen. Sie hat zwei Chancen: 500 m (Mittwoch) und 1000 m (18. Februar). Auf ein Antreten im 1500-m-Rennen am Montag verzichtet sie. Herzog hat sich eben erst von einer Erkältung erholt.

Favoritin aus Japan

Eine Medaille zu gewinnen ist keineswegs eine g'mahte Wies'n. Die Japanerin Nao Kodaira ist klare Favoritin über beide Sprintstrecken. Auch die zweifache Olympiasiegerin Lee Sang-Hwa aus Korea ist über 500 m eine sichere Medaillenkandidatin. Aber dahinter scheint einiges möglich.

Über beide Sprintstrecken war Herzog in dieser Saison etwa gleich stark. "Beim 500er", sagt sie, "muss jeder Schritt passen." Anfang Jänner in Kolomna (Russland) passte jeder Schritt. Herzog wurde Europameisterin – holte die erste EM-Medaille für Österreich seit 24 Jahren, seit Emese Hunyady Bronze im Vierkampf gewann. Zudem gewann sie in Russland Silber über 1000 m und Bronze im Massenstart. "Beim 1000er kommt es auf das Stehvermögen an." Am 21. Jänner in Erfurt hatte Herzog ein ausgezeichnetes Stehvermögen. Sie sicherte sich einen Tag nach dem Erfolg über 500 m ihren zweiten Weltcupsieg und sollte das Rennen danach "als das beste ihres Lebens" bezeichnen.

Schnell in der Weltspitze

Die Entwicklung der Vanessa Herzog ging in den vergangenen vier Jahren fast stetig nach oben. 2013/14 absolvierte sie ihre erste Weltcupsaison, debütierte bei Olympia mit den Rängen 24 (1000 m), 27 (500 m) und 34 (1500 m). In der darauffolgenden Saison schaffte sie erstmals einen Weltcuppodestplatz. Herzog setzte sich in der Weltspitze fest, schloss sich einer Trainingsgruppe in den Niederlanden an. Und dann kam plötzlich das Tief.

2016/17 – ein Jahr vor der Olympiasaison – lief es plötzlich nicht mehr rund. Die Tirolerin war weit von ihren Bestzeiten, weit von Spitzenplätzen entfernt. Sie stellte fast alles infrage. Herzog griff wieder zu ihrer alten Schlittschuhschiene, verließ die Niederlande. "Das hat gar nicht gepasst." Zu Hause versuchte sie beim Training auf Kärntner Seen, wieder den Spaß zu finden. Seit Anfang 2017 ist ihr Mann und Manager Thomas Herzog auch ihr Trainer. Gegen Saisonende fand die Innsbruckerin wieder zurück in die Spur.

Tiefere Position

Im Sommer hat Herzog viel an ihrer Technik gefeilt. Ihre Position ist jetzt um vier bis fünf Zentimeter tiefer. "Ich bin eher groß für eine Sprinterin." Herzog misst 1,75 m. Goldanwärterin Kodaira ist zehn Zentimeter kleiner.

Mit der laufenden Saison ist Herzog sehr zufrieden. Den Peak sollte sie kommende Woche erreichen. Das harte Eis im Gangneung-Oval liegt ihr. Die Koreaner lieben Eisschnelllauf. Herzog wird vor voller Halle (8000 Leute) laufen. Das taugt ihr. Die Größe von Olympischen Spielen kann sie nicht mehr überraschen. Die Erfahrung von Sotschi hilft.

Seit Emese Hunyady 1994 in Lillehammer zu Gold und Silber lief, hat Österreich keine Olympiamedaillen mehr im Eisschnelllauf gewonnen. Herzog, die 1995 geboren wurde, trifft Hunyady gelegentlich. Die gebürtige Ungarin trainiert den Schweizer Nachwuchs. "Ich mag sie recht gern."

In Korea, sagt Herzog, will sie "ihre beste Leistung" bringen. Natürlich ist eine Medaille das Ziel – auch wenn sie es ungern ausspricht. (Birgit Riezinger, 10.2.2018)