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Wie heißen die dünnsten Bücher der Welt? Jedermann weiß dies aus einem Witz, den man sich vermutlich schon in der Jungsteinzeit erzählt hat (Kochbuch von Biafra, italienische Heldensagen). Aktualität hat der gut abgehangene Scherz in den vergangenen Tagen gewonnen. Da zerbrachen sich nämlich politische Beobachter die Köpfe, ob Paul Ronzheimers Biografie über Sebastian Kurz – überraschend trägt sie den Titel Sebastian Kurz. Die Biografie – auch in diese Buchkategorie gehören würde.

Die Antwort gleich vorweg: Mitnichten! Denn Bild-Chefreporter Ronzheimer hat es verstanden, der Vita des Bundeskanzlers gezählte 192 Seiten abzutrotzen. Als Gegenstand einer solch substanziellen Lebensbeschreibung bewegt sich Kurz mit lediglich 31 Jahren auf Augenhöhe mit Staatsmännern wie F. D. R. Roosevelt, Winston Churchill, Charles de Gaulle und Stefan Petzner. Und dies zu Recht!

Denn Kurz ist jung an Jahren, aber groß an Meriten. Er hat die Balkanroute geschlossen, Döbling mit dem Geilomobil erregt, gute Figur in deutschen Talkshows gemacht und dafür gesorgt, dass wir uns in österreichischen Talkshows tagtäglich halbvergessene Politgrößen wie Herbert Haupt, Andreas Mölzer und Ewald Stadler ansehen dürfen. Da fühlt man sich wie von einer zischfrischen Geistesbrise aus dem Jahr 1848 angeweht!

So fulminant sind Kurzens Erfolge, dass selbst der üblicherweise zurückhaltende und jeder Hysterie abholde Wolfgang Fellner nicht umhinkonnte, eine ellenlange Serie mit den besten Begebenheiten aus der Kurz-Bio abzudrucken ("Kurz bestellt Gin Tonic, will über den Balkan diskutieren"). Wäre der Krisenkolumnist Kanzler, er würde zur Belohnung für Fellner den ORF auflösen und ihn flächendeckend durch oe24.tv ersetzen.

Zum optimalen Koalitionsgleichgewicht fehlt nun nur noch eins: eine fesche Bio des Vizekanzlers, vor allem, weil der in letzter Zeit zum Antifaschisten geworden ist, der seinesgleichen sucht. Wäre heute noch Zweiter Weltkrieg, die FPÖ würde aufseiten der Alliierten gegen Hitler kämpfen. Nur einen pfiffigeren Titel als den doch arg fantasielosen des Ronzheimer'schen Opus würde ich mir für die Strache-Bio wünschen. H.-C. Strache – Irrungen und Wirrungen eines Nazihassers wäre gut. Aber auch Hazee. Vom Zahnersatz zum Ballhausplatz würde ich mir auf der Stelle kaufen. (Christoph Winder, 10.2.2018)