"Die FPÖ trommelt seit Jahren gegen Parteibuchwirtschaft. Kaum kommt sie an die Macht, macht sie es in einer Form, die so vorher nicht stattgefunden hat", sagt Brigitte Ederer.

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FPÖ-Generalsekretärin Marlene Svazek: "Wer arbeitet macht Fehler, genau das passierte bei der ÖBB jahrelang nicht, denn wer nicht arbeitet kann auch keine Fehler machen."

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Wien – Für die abgelöste ÖBB-Aufsichtsratschefin, Ex-Siemens-Managerin und -SPÖ-Spitzenpolitikerin Brigitte Ederer, schaut die Personalrochade im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung "so aus, als würden die Aufsichtsräte wegen einer Verfehlung abberufen worden sein". Sie kritisiert das Vorgehen der FPÖ in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der "Kleinen Zeitung" scharf.

Scharfe Kritik an den Umbesetzungen im ÖBB-Aufsichtsrat kommt nun auch von der abgelösten Chefin des Gremiums, Brigitte Ederer. Alles werde "in einer unerträglichen Form umgefärbt", so Ederer.
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Von der außerordentlichen Hauptversammlung am vorgestrigen Freitag habe Ederer "am Donnerstag" erfahren. "Diese Vorgangsweise ist gegenüber allen Aufsichtsräten unprofessionell. Ende April liegen die Ergebnisse für die Entlastung vor, die ordentliche Hauptverhandlung hätte im Mai stattgefunden." Ihr Abzug aus weiteren ÖBB-Tochterfirmen sei ihr zwar nicht avisiert, aber sei "zu erwarten".

"Von zwei Dingen irritiert"

Ederer ist von "zwei Dingen irritiert": "Die FPÖ trommelt seit Jahren gegen Parteibuchwirtschaft. Kaum kommt sie an die Macht, macht sie es in einer Form, die so vorher nicht stattgefunden hat. Bei mir und CEO Christian Kern sowie nun Andreas Matthä wurde ein anderer Modus geführt. Da ging es um Kompetenz und nicht um Parteibuchwirtschaft. Die Vorstände von Rail Cargo und Personenverkehr sind meines Wissens keine Sozialdemokraten."

Ihr Nachfolger als ÖBB-AR-Chef, Arnold Schiefer, "war unter Christian Kern Vorstand bei Rail Cargo, obwohl Kern wusste, dass er politisch anders denkt, aber weil er ihn fachlich geschätzt hat. Jetzt wird alles in einer unerträglichen Form umgefärbt." Dass Ederer selbst mit Silvia Angelo eine ehemalige Mitarbeiterin der AK Wien und des SPÖ-Klubs in den Vorstand der ÖBB Infrastruktur AG geholt hatte, erklärt sie so, dass "es da um Qualifikation ging, die man ihr allseits bestätigt". Es könne nicht heißen, "dass die Sozialdemokratie gar niemanden bestellen darf".

Kritik auch an Kurz

Ederer kritisiert auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dieser spreche "von Regierung neu, aber das ist Uralt-Politik aus dem vorigen Jahrhundert. Da waren die ÖBB schon viel weiter. Nun werden Experten wie Herbert Kasser und Paul Blumenthal von FPÖ-Parteigängern ersetzt". In anderen Unternehmen sei es unvorstellbar, praktisch den ganzen Aufsichtsrat in einer ao. HV abzulösen.

Auf die Fahnen heftet sich die abgelöste ÖBB-AR-Chefin, dass "die Rail Cargo positiv ist, das gibt es in ganz Europa kaum". Zudem steige die Kundenzufriedenheit im Personenverkehr stetig an.

FPÖ wirft Ederer Wehleidigkeit vor

Die FPÖ kritisierte die ehemalige SPÖ-Spitzenpolitikerin in einer Aussendung als "wehleidig". Sinngemäß heißt es von der FPÖ auch, Ederer habe nicht gearbeitet.

"Wenn Brigitte Ederer wehleidig von sich gibt, dass die Abberufung der ÖBB-Aufsichtsräte so aussehe, als hätten sie sich etwas zuschulden kommen lassen, muss man ihr schon sagen, dass genau hier der Fehler zu finden ist. Wer arbeitet macht Fehler, genau das passierte bei der ÖBB jahrelang nicht, denn wer nicht arbeitet kann auch keine Fehler machen", so die FPÖ-Generalsekretärin und Nationalratsabgeordnete Marlene Svazek.

Bei den ÖBB brauche es "Reformen durch reformwillige Personen", sagt Svazek. Die allergrößtenteils neuen Aufsichtsratsmitglieder auf Kapitalseite – sechs FPÖ-nahe und zwei ÖVP-nahe – würden "mit Sicherheit für die ÖBB wichtige Weichen stellen". Ederer vergesse, "dass unter ihrer Führung bis auf einen, alle Aufsichtsräte der Sozialdemokraten zuzurechnen waren und weiterhin noch vier Personalvertreter in diesem Gremium sitzen".

Hofer: ÖBB-Vorstände unbestritten

Der zuständige Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) meldete sich am Nachmittag zu Wort. "Es geht nicht um Parteipolitik, sondern um Qualifikation und Erfahrung", so Hofer in einer Aussendung. Die beiden ÖBB-Vorstände seien unbestritten.

Der Minister ersuchte um Rücksicht auf das Unternehmen und dessen Mitarbeiter: "Die Mitarbeiter der Österreichischen Bundesbahnen leisten hervorragende Arbeit. Auch die beiden Vorstände, die bekannterweise keine Nähe zur FPÖ aufweisen, sind völlig unbestritten."

Rote Arbeitnehmervertreter

Hofer verwies darauf, dass im von rot auf blau umgefärbten ÖBB-Aufsichtsrat ja noch vier Arbeitnehmervertreter sitzen, "die bekannterweise der SPÖ zuzurechnen" seien. Um die Frage, welcher Partei jemand angehöre, gehe es aber gar nicht – "sondern darum, ob die Vertreter des Aufsichtsrates die notwendige Qualifikation und Erfahrung mitbringen, und ob sie hinter dem Unternehmen stehen".

"Den ausgeschiedenen ÖBB-Aufsichtsräten danke ich ausdrücklich für ihre bisherige Tätigkeit. Die heute von Brigitte Ederer geäußerte Kritik nehme ich zur Kenntnis, weise aber darauf hin, dass sie sachlich nicht gerechtfertigt ist. Auch ihr wünsche ich für die persönliche Zukunft alles Gute", so der Verkehrsminister. (APA, 11.2.2018)