Amsterdam – An den Kindern, sagt der Volksmund, erkenne man, wie die Zeit vergeht. Und kaum wo vergeht die Zeit derzeit schneller als im automobilen Inertialsystem. Deutlich wurde das zuletzt bei der Weltpremiere der neuen A-Klasse von Mercedes-Benz in Amsterdam.

Kein Bild beschreibt die Weltpremiere der neuen A-Klasse von Mercedes-Benz besser als dieses Selfie, das Daimler-Chef Dieter Zetsche aufgenommen hat. Es war der Höhepunkt der Feier und zeigt die Vorstände Markus Schäfer (links), Britta Seeger, Dieter Zetsche und rechts Ola Källenius. Auch sonst rückte das Auto an diesem Tag in den Hintergrund.
Foto: Daimler

Geschätzte 500 geladene Gäste aus aller Welt dürfen der imposanten Veranstaltung beiwohnen. Die meisten gesichtslose Wesen, entweder gebückt, im Smartphone lesend oder tippend – oder gestreckt, sich selbst fotografierend oder streamend.

Nur die Alten reden noch miteinander, suchen Informationen über Motoren, Fahrwerksabstimmung, cW-Werte und Design.

Mercedes meint, das lernfähige Multimediasystems MBUX (Mercedes-Benz User Experience) sei das derzeit intuitivste auf dem Markt.
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In Workshops, bei denen 30 Personen Platz finden, geht es um diese Themen. Hörbar schläft ein weitgereister Gast. Die Höhepunkte sind sichtlich andere.

Schöne digitale Welt

"Mercedes-Benz ist die führende Automarke im Social-Media-Bereich", lautet eine der Nachrichten, die man im Zuge der Weltpremiere verstanden haben will. Statt mit Leistungsdaten und Zyklusverbräuchen wirft man mit Zugriffszahlen und Statistiken von Followern um sich.

Die Gesichter, die der Premiere beiwohnen dürfen, sind gut hinter Displays versteckt.
Foto: Daimler

Unter diesen Vorzeichen versteht man auch schnell, warum der lebensgroße, crashorange Elch, an dem man schon am Eingang vorbeimusste, nur wenigen Premierenbesuchern ein herzhaftes Lachen abringen konnte.

Einer der Stars der Weltpremiere.
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Elch ist out, Duckface ist in. Die Jungen reden mit ihrem Device. Und das neueste Device, das ist die A-Klasse. MBUX kürzt sich der intelligente, sprachgesteuerte Assistent ab, um den Mercedes gnadenhalber die – psst, wir haben heimlich hingeschaut – wunderschöne A-Klasse gebaut hat. Wie diese intelligenten Boxen, die sich digital Affine ins Haus holen, kann man sich das vorstellen. MBUX versteht sogar Dialekt.

Zum Spielen mit dem MBUX braucht man eigentlich das Auto nicht.
Foto: Daimler

Man merkt mir an, dass ich damit nicht viel anfangen kann. "Hey, Mercedes", so der Befehl, der das System aktiviert. "Zeig mir die nächste Bäckerei, kannst du dann sagen", erklärt man mir.

Ich habe noch nie wissen wollen, wo die nächste Bäckerei ist. Man könne sich auch das nächste Theater anzeigen lassen. Anscheinend bestimmt also in naher Zukunft nicht mehr das Programm eines Theaters über dessen Erfolg.

So schaut dann die Hülle des MBUX aus.
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Jetzt geht bei uns in der Redaktion schon das Gerangel los, wer als Erster mit der neuen A-Klasse fahren darf. Weil wir alten Hasen, die sich mehr für den Apex als die Apps interessieren, sind jetzt umso neugieriger, wie sich die neue Hülle um den mithorchenden Bildschirm fährt. (Guido Gluschitsch, 12.2.2018)

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