Linz – Dass zwölf Mitarbeiter eines großen oberösterreichischen Unternehmens Ende 2017 zeitgleich in den Krankenstand gegangen sind, sieht der Dienstgeber als "Arbeitsboykott" wegen zuvor angeordneter Überstunden an. Durch die Aktion seien ihm Kosten in der Höhe von 250.000 Euro entstanden, berichtete die Wirtschaftskammer Oberösterreich am Montag. Zehn Betroffene seien gekündigt worden, zwei hätten das Dienstverhältnis selbst gelöst.

Den Namen des Unternehmens nannte die Kammer nicht. Es handle sich jedenfalls um einen Hightechbetrieb aus dem Mühlviertel, der mehr als 100 Mitarbeiter beschäftige. Dem Vernehmen nach dürfte es sich um die Elektronikfirma technosert bzw. die technosert-Gruppe handeln, auch wenn das Geschäftsführer Johannes Gschwandtner das nicht bestätigte, schreiben die Oberösterreichischen Nachrichten. Die Firma habe wegen der guten Auftragslage für eine gewisse Zeit Überstunden angeordnet. Das habe einigen Beschäftigten wohl nicht gepasst, "weshalb diese kurzerhand beschlossen, gleichzeitig in den Krankenstand zu gehen", heißt es in einer Aussendung.

Lieferengpässe bei Unternehmen

Das Unternehmen habe "diese besondere Art des Arbeitsboykotts – wie beabsichtigt – ins Mark getroffen", erklärt die WKOÖ. Denn obwohl die Kollegenschaft zusätzliche Mehrstunden geleistet und das Unternehmen kurzfristig neue Mitarbeiter gefunden habe, sei es zu Lieferengpässen gekommen. Der Firma sei ein Gesamtschaden von rund 250.000 Euro entstanden.

Mitarbeiter hatten Krankschreibung

Die zwölf Dienstnehmer hätten Krankschreibungen bekommen, sagt Erhard Prugger, Leiter der Abteilung Sozial- und Rechtspolitik der Wirtschaftskammer. Aus der gesamten Situation sei aber klar gewesen, dass es sich um einen "Boykott" gehandelt habe. Denn am Vortag seien alle zwölf noch gesund gewesen und hätten heftig mit der Geschäftsführung diskutiert. Es sei zu der Zeit auch kein Infekt in dem Betrieb umgegangen.

Die Kammer kritisiert die "Aktion, die an Dreistigkeit und Illoyalität gegenüber dem Arbeitgeber und gegenüber den Kolleginnen und Kollegen kaum mehr zu überbieten war". Einzelne Mitarbeiter würden Krankenstände immer wieder als Druckmittel einsetzen, um persönliche Ziele durchzusetzen. "Würde es keine Kündigungsmöglichkeit im Krankenstand mehr geben, wären die Unternehmen an solche illoyalen Mitarbeiter auch noch unzumutbar lange gebunden", so die WKOÖ.

Diese Aussage hält die Arbeiterkammer Oberösterreich für einen Unsinn: "Nachgewiesener Krankenstandmissbrauch ist – unabhängig von einer Kündigungsmöglichkeit im Krankenstand – ein Entlassungsgrund und kann zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen", meint AK-Rechtsexperte Ernst Stummer.

Stellungnahme der Arbeiterkammer

Die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) teilte dem STANDARD mit, den konkreten Fall nicht zu kennen. Allgemein gelte jedoch, dass Sanktionen eines Unternehmens gegen Mitarbeiter wegen Krankenstandmissbrauchs nur dann zulässig sind, wenn dieser eindeutig nachgewiesen ist. Aus der Aussendung der WKOÖ würde nicht hervorgehen, ob ein Nachweis für den Missbrauch des Krankenstands erbracht wurde.

"Völlig unzulässig" sei hingegen die Verallgemeinerung, wonach Krankenstände "von Arbeitnehmern immer wieder als Druckmittel eingesetzt würden", um persönliche Ziele durchzusetzen. Viel häufiger sei der Fall, dass Arbeitnehmer trotz Krankheit am Arbeitsplatz erscheinen, meint die AK OÖ. (APA, red, 12.2.2018)