Der Rechnungshof bekrittelt in seinem Bericht auch gravierende Kostensteigerungen beim Spital Nord. Die allein im Projektablauf entstandenen Mehrkosten beziffert er mit rund 203,93 Millionen Euro.

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Wien – Fehlendes internes Know-how, keine stabile durchgängige Projektorganisation, mangelhafte Pläne des statisch-konstruktiven Planers, des Architekten und des Planers der Technischen Gebäudeausrüstung, 8.163 durch die örtliche Bauaufsicht dokumentierte Mängel – und gravierende Kostensteigerungen: Das sind nur einige der Kritikpunkte im Rohbericht des Bundesrechnungshofs (RH) zum Krankenhaus Nord – DER STANDARD berichtete.

Das Fazit der Prüfer stellt den Verantwortlichen in der Stadt Wien und dem städtischen Krankenanstaltenverbund (KAV) ein verheerendes Zeugnis aus. So heißt es im Bericht: "Der KAV begünstigte mit seinen Entscheidungen teilweise die Konflikte und Störungen des Projektablaufs wesentlich." Außerdem fehlte zum Start des Projekts im Jahr 2006 "ein Gesamtfinanzierungskonzept". Die alleine im Projektablauf entstandenen Mehrkosten beziffert der RH mit rund 203,93 Millionen Euro.

Weil der KAV Leistungen vergab, die auf einer nichtausschreibungsreifen Planung basierten, kam es zu erheblichen Kostenabweichungen zwischen Ausschreibung und Prognose: Unter dem Punkt "5200 Rohbau – Baumeister" erhöhten sich die Kosten um rund 61,70 Millionen Euro – also fast zwei Drittel mehr, als die Hauptauftragssumme ausmachte. Dazu kamen zahlreiche Zusatzaufträge um rund 30,61 Millionen Euro.

Wiener ÖVP drängt auf U-Kommission

Die Wiener ÖVP drängt angesichts des RH-Rohberichts auf eine rasch eingesetzte gemeinderätliche Untersuchungskommission. Der nichtamtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch bezeichnete das Spitalsprojekt am Montag als "einen der größten Skandale der Zweiten Republik". Die Verantwortlichen seien mit Steuergeld "umgegangen wie mit Spielgeld".

Auch wenn die Wiener ÖVP keine U-Kommission im Alleingang beantragen kann, wartete die Partei bereits mit einer Zeugenliste auf. Darauf finden sich Bürgermeister Michael Häupl, rote Stadtregierungsmitglieder, Verantwortliche im KAV sowie Vertreter des Bauprojekts. Auch Ex-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely müsse laut Wölbitsch aussagen. Das "Milliardengrab" Spital Nord trage "ihre Handschrift".

Die schwarze Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec rechnet damit, dass die U-Kommission "in der ersten Jahreshälfte 2018" ihre Arbeit aufnehmen könne. Hier ist die ÖVP aber von der Unterstützung durch die Freiheitlichen abhängig, die 34 der 100 Mandatare im Gemeinderat stellen.

FPÖ will vorbereiten und noch warten

Die Wiener FPÖ kann aufgrund ihrer Mandatsstärke freilich auch ohne die Zustimmung anderer Oppositionspolitiker eine U-Kommission einberufen. Vizebürgermeister Dominik Nepp sagte, dass die FPÖ mit einem Team die U-Kommission bereits "minutiös vorbereite". Einberufen werde diese aber erst, sobald der RH-Endbericht auf dem Tisch liegt.

Für den Endbericht fehlen noch die Stellungnahmen des städtischen Gesundheitsressorts und des KAV. Die Stellungnahmen werden diese Woche im Stadtsenat beschlossen, danach kann der RH den Bericht fertigstellen.

Mehr Minderheitenrechte gefordert

Einig zeigten sich alle Oppositionsparteien in ihrer Forderung nach einer Reform der U-Kommission: So soll es künftig möglich sein, Beweisanträge – und damit auch Zeugenladungen – per Minderheitsbeschluss zu ermöglichen. Andernfalls, so befürchten FPÖ, ÖVP und Neos, könnte die rot-grüne Regierung Zeugen verhindern oder die U-Kommission verfrüht abdrehen. SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch machte der Opposition wenig Hoffnung: Er sprach von einem bereits "gut ausformulierten Minderheitenrecht" im Gemeinderat.

Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) verwies darauf, dass von den 55 Empfehlungen des RH 23 das Spital Nord betreffen würden. Der Rest würde sich auf künftige Bauprojekte beziehen. Die Empfehlungen zum Krankenhaus Nord seien "in Abarbeitung, einige davon bereits abgeschlossen". (David Krutzler, 12.2.2018)