Innenminister Herbert Kickl (rechts) will das unter seinem Vorgänger Wolfgang Sobotka (links) eingeführte "Asyl auf Zeit" weiter verschärfen.

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Frage: Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will anerkannte Flüchtlinge künftig strenger darauf hin überprüfen, ob sie noch Asyl brauchen – also ob sich die Lage in ihrem Herkunftsland in einem Ausmaß beruhigt hat, dass eine Rückkehr möglich wäre. Was für Folgen hätte das?

Antwort: Für die zuständigen Behörden – konkret: das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) – würde das zu einiger Zusatzarbeit führen. Schon die seit 2016 geltende Regelung für "Asyl auf Zeit" stellt hier nämlich eine große Herausforderung dar. "Asyl auf Zeit" verpflichtet die Behörden, jeden gewährten Asylstatus nach drei Jahren zu überprüfen. Geschieht das nicht, so verlängert sich der Schutz für den betreffenden Flüchtling automatisch auf unbefristete Zeit.

Frage: Kickl und BFA-Leiter Wolfgang Taucher haben vor wenigen Wochen die gute Arbeit der Asylbehörden herausgestrichen. Von den seit 2015 in Österreich gestellten 155.000 Asylanträgen seien bis Ende 2017 rund 80 Prozent erledigt worden. Warum also soll eine strengere Überprüfung, wie Kickl sie will, ein Problem darstellen?

Antwort: Weil es neben den neueren Asylfällen, über die nun rascher entschieden wird, immer noch eine Vielzahl unerledigter sogenannter Altfälle gibt. Laut dem Chef des Fonds Soziales Wien (FSW), Peter Hacker, warten 85 Prozent aller in Wien lebenden Asylwerber bereits ein Jahr oder (weit) länger auf eine Entscheidung über ihren Antrag. Darüber hinaus, so Hacker, sei die Qualität der erstinstanzlichen Entscheidung vielfach unzureichend. Bundesweit werde mehr als ein Drittel in der Berufung aufgehoben und damit an das BFA zurückgewiesen, das sich dann erneut mit der Causa beschäftigen muss. Laut einer im "Kurier" veröffentlichten internen Hochrechnung des Bundesverwaltungsgerichts wurden 2017 dort 36 Prozent aller BFA-Entscheidungen aufgehoben.

Frage: Kickl hat auch angekündigt, mehr Länder als bisher zu sogenannten sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Neben der Ukraine werden auch Armenien sowie das westafrikanische Land Benin dieses Prädikat erhalten – Kasachstan, Aserbaidschan und Turkmenistan sollen "intensiv" überprüft werden. Was heißt das?

Antwort: Vor allem bedeutet es, dass Menschen aus diesen Ländern, die in Österreich Asyl beantragen, während des Verfahrens weniger Schutz genießen als Asylantragsteller aus anderen Staaten. Konkret können sie einem Asylschnellverfahren unterzogen werden, das laut Gesetz in erster Instanz binnen zehn Tagen abgeschlossen werden sollte und innerhalb von fünf Monaten beendet werden muss; für Asylverfahren anderer Staatsangehöriger haben die Behörden erstinstanzlich hingegen 18 Monate Zeit. Auch kann Asylantragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten, die nach einer ersten Asylablehnung berufen, die aufschiebende Wirkung aberkannt werden. Sie sind dann trotz laufender Berufung zur Ausreise verpflichtet. Wohlgemerkt: Die genannten strengeren Regeln für Schutzsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten sind Kann-Bestimmungen, also kein Muss.

Frage: Kann man abschätzen, inwieweit die fixen zusätzlichen drei sicheren Herkunftsstaaten die österreichischen Asylbehörden und die Grundversorgung entlasten werden?

Antwort: Ein wenig sicher, weil diese Asylantragsteller dann in der Regel kürzer im Verfahren – und damit in Österreich – verbleiben werden. Durchschlagend dürfte die Entlastung aber nicht werden: Die Zahl von Asylantragsstellern aus der Ukraine belief sich 2017 auf insgesamt 484, aus Armenien auf 229, aus Benin auf 22 Personen.

Frage: Wie wird ein Land zu einem sicheren Herkunftsstaat, und wie viele solche Staaten gibt es überhaupt?

Antwort: Österreich betrachtet – die Ukraine, Armenien und Benin bereits miteingeschlossen – insgesamt 49 Herkunftsstaaten (inklusive alle EU-Länder) als so sicher, dass die dortigen Bürgerinnen und Bürger in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten haben; in Einzelfällen wird das Vorliegen einer solchen Verfolgung aber nicht ausgeschlossen. Im Vergleich dazu ist etwa Deutschland mit 35 zu sicheren Herkunftsstaaten inklusive EU sowie Norwegen und Schweiz zu sicheren Drittstaaten erklärten Ländern zurückhaltender.

Frage: Kritik gibt es derzeit an einem Gutachten über Afghanistan, auf dessen Grundlage bei Afghanen eine Reihe Asylablehnungen ausgesprochen wurde. Was ist da los?

Antwort: Es handelt sich hier um die Expertise Karl Mahringers, eines steirischen Geschäftsmannes, der angibt, 2017 in den afghanischen Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat 600 Menschen befragt zu haben. Jungen Männern sei eine Rückkehr in das von Anschlägen geplagte Land zumutbar, meint er. Die Wiener NGO Deserteursberatung hat das Mahringer-Gutachten vom Plagiatforscher Stefan Weber überprüfen lassen. Seine Beurteilung: "Das ist ein Reisebericht." (Irene Brickner, 13.2.2018)