Ein Grund, warum immer mehr Menschen auch in der Leber Fett einlagern: die "western diet", also zu viel Zucker, Fleisch und Kohlenhydrate.

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Zu Weihnachten Braten, Lebkuchen und Kekse, zum Jahreswechsel ein ausgiebiges Menü. Danach kam die Zeit der Krapfen. Drei Millionen Leberzellen haben tagtäglich eine Menge zu tun: Sie entgiften den Körper, produzieren und speichern Eiweiße, verwerten im Körpergewebe freigesetzte Fettsäuren, verbrennen oder speichern sie und produzieren auch selbst Fette.

Die Leberzellen machen einen guten Job. Solange sich das Fett nicht ungezügelt in ihnen ansammelt und zu einer nichtalkoholischen Fettleber (NAFDL) führt. Von einer NAFLD spricht man, wenn zumindest zehn Prozent der Leberzellen Fettansammlungen enthalten. Die Fettleber bleibt zunächst unbemerkt, weil sie erst einmal nicht wehtut. Aber sie kann ihren Aufgaben bei der Stoffwechselkontrolle nicht mehr richtig nachkommen. Deshalb entgleisen allmählich die Blutzucker- und Blutfettwerte. Und es drohen noch viel mehr Schäden.

Dass eine Fettleber nicht nur durch Alkohol, sondern auch durch falsche Ernährung und durch manche Medikamente verursacht wird, ist noch nicht allen Menschen bewusst. Dabei kann bereits die Leber übergewichtiger Kinder und Jugendlicher "verfettet" sein. Im Ultraschall wird die mit einer Fettleber einhergehende Größenzunahme jedoch erst erkennbar, wenn bereits 30 Prozent der Leberzellen verfettet sind. Leberwerte wie GOT, GPT und Gamma-GT, die einen Leberschaden anzeigen, geben bei einer Blutuntersuchung im ersten Stadium ebenfalls noch keinen Hinweis.

Gefährlicher Ausgangspunkt

Lediglich hochnormale Nüchternblutzuckerwerte können eine Fettleber andeuten. "Hat jemand einen Prädiabetes mit Nüchternblutzuckerwerten zwischen 100 und 125 mg/dl und eine Insulinresistenz, ist das Risiko groß, dass er auch eine Fettleber hat", so Norbert Stefan, Professor für klinisch-experimentelle Diabetologie am Universitätsklinikum Tübingen. Doch nicht jede nicht-alkoholische Fettleber ist eine Folge von Überernährung. Ein Teil der Betroffenen ist insulinempfindlich. Bei diesen Fettleber-Patienten kommt es laut Stefan genetisch bedingt auch ohne Insulinresistenz zur Fettleber.

Eine Fettleber ist erst einmal harmlos. Die Gefahr besteht darin, dass sie Ausgangspunkt für mehrere schwere Erkrankungen sein kann. "Das ist der Fall, wenn aufgrund der Fettansammlungen eine chronische Entzündungsreaktion in der Leber auftritt und über lange Zeit ständig Leberzellen zerstört werden", sagt die Gastroenterologin Petra Munda, Leiterin der Fettleber-Spezialambulanz am Allgemeinen Krankenhaus Wien.

Eine nicht-alkoholische Fettleberhepatitis, auch als nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) bezeichnet, entwickelt sich bei etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten mit Fettleber. Sie ist mittels einer Gewebsentnahme (Biopsie) feststellbar. Im Fall einer NASH sind die Leber-spezifischen Transaminasen GOT und GPT deutlich erhöht.

Risiko für Leberkrebs

Eine Entzündung kann bei ganz unterschiedlichen in das Stoffwechselorgan eingelagerten Fettmengen entstehen. "Bei manchen Menschen reicht bereits eine leichte Leberverfettung. Das ist der Fall, wenn jemand prädisponierende Gene hat, die z.B. das Ausschleusen von Fett aus den Leberzellen verschlechtern. Dann tritt eine Entzündung bereits bei leichter Fettleber auf. Je mehr dieser Gene vorhanden sind, desto leichter entsteht die Entzündungsreaktion", so Christian Trautwein von der Klinik für Gastroenterologie der Uniklinik RWTH Aachen.

Bindegewebe ersetzt nach und nach zerstörtes Lebergewebe. "Es kann sich allmählich eine Leberzirrhose und im weiteren Verlauf bei einem Teil der Betroffenen ein Leberkrebs entwickeln. Manchmal sind bereits vor dem Zirrhose-Stadium bösartige Veränderungen im Lebergewebe zu finden", warnt Munda. Zusätzlich komme es bei Vorliegen einer NASH zu einer Entzündungsreaktion im ganzen Körper. "Deshalb verschlechtert sich infolge der NASH zumeist die Insulinresistenz und das Diabetes-Risiko verdreifacht sich.

Die NASH wirkt sich auch auf das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko sowie auf das Risiko für Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs negativ aus", so Munda. Entzündungsvorgänge in der Leber führen bei Typ-2-Diabetes darüber hinaus zu einem erhöhten Cholesterinspiegel, der Gefäßkrankheiten fördert.

Rückgängig machen

Eine Fettleber sollte daher so früh wie möglich rückgängig gemacht werden. Was können Betroffene tun? "Es ist häufig schon viel erreicht, wenn Betroffene ihren Lebensstil konsequent ändern", so Munda. Dazu gehört eine fettreduzierte und kalorienärmere, aber vollwertige und vitaminreiche Ernährung und regelmäßige körperliche Bewegung. Von Lifestyle-Änderungen profitieren laut Munda etwa 90 Prozent der Patienten.

Die Wunderpille gegen die Fettleber gibt es derzeit noch nicht, obgleich Forscher an geeigneten Medikamenten arbeiten. Bei Patienten, die eine Fettleber und einen Typ 2-Diabetes haben, liegen Hinweise vor, dass das Medikament Liraglutid helfen kann. "Es wird zur Therapie des Typ-2-Diabetes und zur Blutzuckersenkung eingesetzt. Dabei hat sich gezeigt, dass Patienten dadurch auch Gewicht verlieren", erzählt Stefan. Diesen Effekt wolle man bei der Fettleber ausnutzen.

Bei Patienten mit fortgeschrittener Fettlebererkrankung und Typ 2-Diabetes kann das blutzuckersenkende Medikament Plioglitazon hilfreich sein, das die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen verbessert. Und es sorgt dafür, dass nicht zu viele freie Fettsäuren im Blut sind, die sich in der Leber ablagern können. Allerdings ist Plioglitazon für diese Anwendung noch nicht zugelassen.

Wirkstoffe kombinieren

Diverse Präparate wie z.B. die Juckreiz verursachende Obeticholsäure und NOR-Ursodesoxycholsäure werden derzeit in Phase II- und III Studien erprobt. Es gibt verschiedene medikamentöse Ansatzpunkte, die sich gegen die ursächlichen Mechanismen richten. "Einige hemmen die chronische Entzündungsreaktion in der Leber, andere beeinflussen das Mikrobiom oder richten sich gegen die Bildung von Bindegewebe in der Leber. Und es gibt Ansätze, bei denen der jeweilige Wirkstoff den Gallensäuren-Stoffwechsel beeinflusst", berichtet Munda. Letzteres sei wichtig, weil die Gallensäuren-Bildung in der Leber ebenfalls an der Entstehung einer Fettleber beteiligt sei.

"Es gibt aber nicht die eine NASH, sondern verschiedene Ausprägungen", so die Wiener Medizinerin. Deshalb sei es wahrscheinlich, dass für die medikamentöse Therapie der nicht-alkoholischen Fettleber die Kombination mehrere Medikamente nötig sein wird, um verschiedene Krankheitsmechanismen gleichzeitig zu behandeln. (Gerlinde Felix, 14.2.2017)