Klubobmann Walter Rosenkranz (links), Generalsekretär Harald Vilimsky und geschäftsführender Klubobmann Johann Gudenus im Rahmen der Pressekonferenz am Dienstag.

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Manche in der Partei können es sich nicht verkneifen. Da geloben die Freiheitlichen feierlich, die dunkelsten Kapitel ihrer eigenen Geschichte auszuleuchten – und ziehen im nächsten Atemzug selbst die Ernsthaftigkeit des Unterfangens in Zweifel. Im Laufe jener Pressekonferenz, bei der die FPÖ die Historikerkommission zur Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte vorstellte, machte Johann Gudenus aus dem blauen Herzen keine Mördergrube: Mit "hysterischer Gesinnungspolitik", klagte der Parlamentarier, werde da "eine erfolgreiche Partei madig gemacht".

Nach Einsicht klingen diese Tiraden nicht – eher nach einer unterschwelligen Botschaft an die blauen Kernschichten: Weil wir grad in der Regierung sitzen, ist halt ein bissl Imagekosmetik nötig. Aber in Wahrheit ist die FPÖ wieder nur das Opfer.

Steckt hinter der versprochenen Nabelschau, um die rechtsextremen und antisemitischen Traditionen des dritten Lagers offenzulegen, also nur ein PR-Gag? Es wäre unfair, den Auftakt allein an Gudenus' Worten zu messen. Denn andere Ankündigungen aus freiheitlichem Munde klingen vielversprechend und sogar mutig. Weil die FPÖ nicht im eigenen Saft schmoren wolle, werde sie den Dialog mit ihren Kritikern ausdrücklich suchen, beteuert Klubchef Walter Rosenkranz. Das gelte selbst für Institutionen wie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), das blaue Politiker bisher stets als linkes Propagandainstrument verunglimpft haben.

Typische Relativierung

Doch auch hier – und das ist typisch für das Projekt – lässt sich wieder eine Relativierung heraushören. Rosenkranz sprach von einem Hearing am Ende des Prozesses, bei dem die Kritiker zu Wort kommen sollten. Wenn damit gemeint sein sollte, dass DÖW und Konsorten in einer geschlossenen Veranstaltung halt auch ihren Senf dazugeben dürfen, ohne dass diese Expertise dann in den Endbericht Eingang findet, läuft das Ganze auf Frotzelei hinaus.

Die Ernennung von Wilhelm Brauneder zum Vorsitzenden der Historikerkommission, der diese nun in Eigenregie mit "unabhängigen" Experten besetzen soll, kratzt ebenfalls an der Glaubwürdigkeit. Der 75-Jährige hat als ehemaliger Dekan des Juridicums zwar wissenschaftliche Meriten, ist aber auch eingefleischter FPÖ-Mann, der einst Texte in der rechtsextremen Zeitschrift Aula publiziert hat. Der geborene Garant für unbeeinflusste Aufarbeitung ist der frühere Dritte Nationalratspräsident beileibe nicht.

Aber auch das bedeutet nicht zwangsläufig, dass alles nur auf Theater hinausläuft. Die SPÖ hat vor Jahren ebenso einen Historiker aus dem Parteikreis eingesetzt, um ihre eigenen braunen Flecken unter die Lupe nehmen zu lassen. Von Schönfärberei war dennoch keine Rede.

Viel hängt also daran, wie das Projekt konkret aufgesetzt wird. Ernst zu nehmen sind die hehren Versprechen nur, wenn Brauneder tatsächlich kritische Geister auswählt – und diese in schlecht erforschte Ecken schickt.

An den Burschenschaften führt da kein Weg vorbei: Will die FPÖ echte Aufklärung, darf sie nicht die Augen davor verschließen, welche Gesinnungen die vielen Verbindungsbrüder in ihren Reihen dort hochhalten. Prompt bremsen manche FP-Politiker diesbezüglich, was aus blauer Binnensicht nachvollziehbar ist. Denn ein wirklich schonungsloser Bericht könnte die Parteiführung in die Verlegenheit bringen, auf Distanz zu ihren wichtigsten Kaderschmieden gehen zu müssen. (Gerald John, 13.2.2018)