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Der E-Commerce ist gescheitert, sagt Liveperson-CEO Rob LoCascio.

Foto: AP Photo/Bebeto Matthew

Ein Unternehmen, das keine Website hat, existiert praktisch nicht, heißt es. In Österreich haben laut Statistik Austria 88 Prozent der Firmen eine Seite, mit der sie ihre Dienstleistungen und Waren online präsentieren. Vor allem für große Konzerne ist es undenkbar keine Online-Repräsentanz zu besitzen. Umso überraschender ist die Einschätzung von Rob LoCascio. Er geht davon aus, dass noch 2018 die erste große Marke ihre Website zusperren wird.

LoCascio ist Gründer und CEO von Liveperson – ein Unternehmen, das auf Kundenkommunikation im Internet spezialisiert ist. In den 1990ern entwickelte LoCascio eine Technologie für Chat-Fenster, mit denen Nutzer auf einer Website Kontakt zu einem Unternehmen aufnehmen können. Zu den Kunden von Liveperson zählen namhafte Firmen wie T-Mobile, American Express oder Nike. In einem Gastbeitrag auf "Techcrunch" schildert er nun, wieso er davon ausgeht, dass Unternehmens-Websites dem Untergang geweiht sind.

Zwei Probleme: HTML und Google

Mitte der 90er habe man große Hoffnungen in den E-Commerce gesetzt und geglaubt, dass das Online-Geschäft den stationären Handel komplett ablösen werde. Das ist nicht geschehen. Nur wenige Unternehmen hätten heute im großen Stil damit Erfolg – LoCascio nennt Amazon, Ebay und Netflix als Beispiele. Die Schuld dafür gibt er zwei Dingen: HTML und Google.

Das Fundament einer Website, HTML, sei im Prinzip dazu entwickelt worden statische Inhalte anzuzeigen. Der Web-Experte vergleicht das mit Büchern in einer Bibliothek. Geschäfte seien aber keine Bibliotheken und man könne das Konzept auch nicht auf Online-Shops übertragen. Eine Reihe statischer Websites könne die Fragen, die Kunden bei einem Einkauf haben, nicht beantworten. Damit sei auch verbunden, dass sich viele Kunden an eine Service-Hotline wenden, deren Betrieb Unternehmen viel koste.

Einheitsbrei

Als zweites Problem sieht er Google. Die Suchmaschine hat es zwar ungleich einfacher gemacht, Websites zu finden. Gibt damit aber gleichzeitig auch die Spielregeln vor, wie solche Seiten zu finden sein müssen. Webdesigner müssen sich daran halten, soll die Seite möglichst weit vorne bei den Suchergebnissen gereiht sein. Doch diese "Einheitsgrößen"-Struktur passe nicht zum Online-Handel, so LoCascio.

Im stationären Handel würden Marken versuchen, sich mit ihren Shops von anderen abzuheben. Online sei das aber kaum möglich. Die meisten Websites würden gleich aussehen und nicht besonders gut funktionieren, meint LoCascio. "Googles Regeln haben das Leben aus einzigartigen Online-Experiences gesaugt." Daher geht der CEO davon aus, dass 2018 die erste große Marke ihre Website einstellen wird.

Aufstieg der Chatbots

Was stattdessen kommen soll? Bots und künstliche Intelligenz. Diese Technologien könnten dort ansetzen, wo Websites nicht ausreichen. Unternehmen würden die Kundenkommunikation auf eine Kombination aus Bot und Mensch verlagern – etwa über SMS oder Facebook. Liveperson arbeite bereits mit einigen großen Marken daran. Und erst wenn die erste große Website eingestellt sei, würden weitere wie fallende Dominosteine folgen, ist der Web-Experte sicher. Für Unternehmen werde das einen positiven Effekt auf den Online-Handel und Kundensupport haben. Für Google werde es verheerend, so LoCascios abschließende Worte.

LoCascio verrät nicht, wie Kunden das Warensortiment eines Unternehmens online durchsehen können, bevor sie per Chat-Bot zum Kauf schreiten. Das könnte in Zukunft etwa verstärkt über soziale Medien wie Facebook oder Seiten wie Pinterest stattfinden. Über den Facebook-Messenger etwa könnten Kunden das Warensortiment abfragen und dann in einer Konversation mehr Informationen zu Produkt und Kauf erhalten. Bei Facebook ist das zum Teil bereits möglich – die entsprechende Plattform hat das Unternehmen 2016 gestartet. Was LoCascio in seinem Text allerdings ebenfalls nicht berücksichtigt: damit würde sich die Abhängigkeit der Unternehmen nur von einem großen Konzern (Google) zum nächsten (Facebook) verlagern. (red, 14.2.2018)