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Bei den "Siemensäckern" in Floridsdorf und der Berresgasse in der Donaustadt soll gebaut werden. Zwei Bürgerinitiativen protestieren.

Foto: Getty Images/Bogdanhoda

Wien – Die Bundeshauptstadt wächst. 2026 werden erstmals seit 1910 wieder zwei Millionen Menschen in Wien wohnen, prognostiziert die Statistik Austria. Mit der Bevölkerung mitwachsen muss zwangsläufig auch die Infrastruktur.

Das funktioniert nicht immer ohne Reibereien, wie zwei Stadtentwicklungsgebiete in Floridsdorf und der Donaustadt zeigen: Dort liegt die Stadt mit manch alteingesessenen Anrainern im Clinch. Konkret geht es um zwei Bürgerinitiativen, die gegen die Bebauung der Flächen in der vorgesehenen Form mobil machen.

Wunsch nach Partizipation

3000 bzw. 1200 neue Wohnungen sollen bei der Berresgasse in der Donaustadt und bei den Floridsdorfer "Siemensäckern" entstehen. Entgegen der Darstellung seitens der Stadt hätte es keine Möglichkeit gegeben, sich planerisch einzubringen, kritisiert Sven Straßgschwandtner von der Bürgerinitiative Berresgasse.

Sein Kollege Alexander Kropf aus Floridsdorf stimmt zu: "Wohnbau ist gut und richtig. Aber es muss im Einklang mit Mensch und Natur stattfinden." In beiden Fällen wird kritisiert, dass insgesamt zu viele Wohnungen gebaut würden und dass ein durchdachtes Verkehrskonzept fehlen würde.

Neos gaben Rechtsgutachten in Auftrag

Zu Hilfe kommt den beiden nun die Umweltsprecherin der Neos Wien, Bettina Emmerling. Ihre Partei hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, welches besagt, dass bei beiden Gebieten eigentlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden hätte müssen – was aber nicht geschah.

Um die Umweltprüfung zu vermeiden, bediene sich die Stadtregierung einer "kreativen Rechtsauslegung", so Emmerling. So würden etwa, um dem Verfahren zu entgehen, Stadtgebiete, die eigentlich zusammenhängen, getrennt oder benötigte Straßen im Nachhinein eingereicht. So wäre das Projekt nicht prüfungswürdig. Damit widerspreche man aber geltendem EU-Recht, meint Rechtsanwalt Wolfram Proksch.

Im Büro der für Stadtentwicklung zuständigen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zeigt man sich von den Vorwürfen unbeeindruckt: Die Feststellung der zuständigen Magistratsabteilung, wonach keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung vorläge, sei auch vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. "Sollte eine übergeordnete Instanz zu einer anderen Entscheidung kommen, so ist das natürlich respektieren", sagte Sprecher Andreas Baur.

SPÖ hat kein Verständnis

Dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Einklang mit dem EU-Recht steht, bezweifelt wiederum Rechtsanwalt Proksch: Die Chancen, ein solches Projekt vor dem Europäischen Gerichtshof anzufechten, seien enorm. Anrainer der Berresgasse haben zumindest beim Verfassungsgerichtshof bereits Beschwerde eingelegt.

Kein Verständnis für die Kritik hat SPÖ-Planungssprecher Gerhard Kubik: "Die Stadt Wien hält sich an das Gesetz. Wenn den NEOS ein Bundesgesetz nicht passt, müssen sie sich an die Bundesgesetzgeber und im konkreten Fall an das Umweltministerium wenden." Die Pinken hätten hier den falschen Adressaten gewählt.

Emmerling betonte, dass die Bürgerinitiativen rechtliche Schritte auch nutzen würden: "Das würde im schlimmstem Fall bedeuten, dass alle Projekte abgesagt werden, wenn nicht vorher gut geplant wird." (van, 14.2.2018)