Patientenverfügungen leichter zugänglich und billiger machen ist eine der wenigen vernünftigen Initiativen, die bisher von der neuen Regierung gekommen sind. Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein von der FPÖ ist einen Schritt weiter gegangen als einst Maria Rauch-Kallat von der ÖVP, die die Patientenverfügung eingeführt hat. Sie schlug vor, dass man künftig seinen Wunsch, dass im Fall schwerer Krankheit von lebensverlängernden Maßnahmen abgesehen werde, nicht mehr beim Notar hinterlegen muss, sondern dies auch bei anderen Stellen möglich sein soll und dass die Verfügung länger gültig sein soll. Derzeit muss der Bürger, der das will, beim Arzt einen langen Fragebogen ausfüllen und das Ganze beim Notar bestätigen lassen. Kostenpunkt: ein paar Hundert Euro. Voraussetzung: Know-how, über das nicht jeder verfügt. Kein Wunder, dass nur wenige Menschen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Dabei möchten die allermeisten Leute die tage-, wochen-, monatelange Quälerei am Ende des Lebens gern vermeiden. Jeder Arzt, der in einem Spital arbeitet, hat schon erlebt, dass Patienten ihn anflehen: Lasst mich doch endlich sterben. Und der Arzt oder die Ärztin muss dann antworten: Nein, das darf ich nicht. Und auch für die Familie ist es schrecklich, so etwas mit anzusehen. Eine Frau, aus Amerika ans Krankenbett ihres todkranken Vaters herbeigeeilt, fragte entsetzt: Warum muss Papa so leiden? Und bekam vom Arzt die Antwort: Soll ich das Atemgerät abstellen? Da ist es für alle Beteiligten eine große Erleichterung, schwarz auf weiß mitgeteilt zu bekommen, was der Patient, der sich vielleicht selbst nicht mehr äußern kann, will und was nicht.

Freilich, die Möglichkeit der Patientenverfügung ist nur ein erster Schritt in der Diskussion um das selbstbestimmte Sterben in Würde. Nach wie vor ist der assistierte Freitod in Österreich verboten, wer ihn will, muss dafür in die Schweiz oder ein anderes Land reisen, wo Sterbehilfe unter gewissen Bedingungen erlaubt ist. Aber je älter die Menschen werden, je größer und teurer das Problem der Pflege wird, desto dringlicher stellt sich die Frage, ob Leben wirklich unter allen Umständen bewahrt werden muss oder ob das, was man früher einen "guten Tod" nannte, nicht einem qualvollen Dahinvegetieren vorzuziehen ist. Und wer bestimmt, wer wann sterben darf? Die Gerichte? Die Ärztekammer? Die Bischofskonferenz? Oder doch der Betroffene selbst?

Fragen, die heute in ganz Europa sehr intensiv und sehr ernsthaft diskutiert werden. Die ARD sendete vor kurzem ein Schwerpunktprogramm zum Thema Sterbehilfe, mit einem Spielfilm und einer Dokumentation eines realen Falles. Die eindeutige Botschaft: ja zur Sterbehilfe. Diese ist in Deutschland, wie in Österreich, derzeit verboten. In der Schweiz registrieren die einschlägigen Organisationen einen verstärkten Zustrom von Klienten aus Ländern, in denen Beihilfe zum Freitod strafbar ist. Auch in Österreich gab es eine parlamentarische Enquete zum Thema, mit zwiespältigem Ausgang.

Wir können davon ausgehen, dass die Diskussion damit keineswegs am Ende ist. Die Reform der Patientenverfügung ist ein Anstoß dazu, dass sie weitergeht. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 14.2.2018)